Das MCU ist nicht perfekt! Teil 1: Off-Screen Beziehungen

In drei Wochen kommt Avengers: Endgame heraus. Alle sind gehypt und ich irgendwie nicht – jedenfalls nicht abseits der Tatsache, dass ich hoffe, dass das Mädchen mit Clint tatsächlich das MCU Equivalent von Kate Bishop wird. Doch alles in allem: Meh. Ich freue mich auf diesen Film nicht wirklich. Ein Grund dafür ist, dass ich weder Age of Ultron, noch Infinity War besonders toll fand. Ein anderer Grund aber auch, dass mich manche Dinge nach zehn Jahren mehr und mehr nerven. Und darüber will ich reden. Drei Beiträge. Drei Dinge, die mich im MCU nerven.

Und nein. Dieser Beitrag ist kein Aprilscherz.

Heute fange ich mit dem ersten Ding an. Und dieses Ding ist „Romantik“ oder vielleicht etwas breiter gehalten: „Beziehungen“. Denn auch ein Teil der Freundschaften gehört hier mit dazu. Kurz gesagt: Marvel baut sehr darauf, dass die Schauspieler diese Dinge mit ihrer Chemie verkaufen – doch im Script findet man wenig. Na ja, und bei den Romanzen ist da noch das andere Problem: Heteronormativität. Doch alles der Reihe nach.

Die Off-Screen-Romanze

In Phase 1 war es noch etwas anders. Phase 1 baute stark darauf die Helden als Menschen (na ja, oder Götter) zu etablieren. Und während ich viele Sachen in Phase 3 lieber mochte, als in Phase 1, beziehungsweise Phase 1 mir aufgrund des Weißheitsquotienten kaum noch anschauen kann, ist das eine Sache, die mir fehlt.

Bevor Tony mit Pepper zusammenkam, gab es zwei Filme, in denen die beiden interagierten und wir ihre bis dahin platonische, professionelle Beziehung kennen lernten. Ein guter Teil des ersten Thor Films wurde damit verbracht uns die Beziehung zwischen ihm und Jane schmackhaft zu machen. Auch die Beziehung zwischen Peggy und Steve wurde deutlich aufgearbeitet, doch seither?

So richtig fing es in Age of Ultron an. Natasha und Bruce sind zusammen. Cool. Ist ein wichtiges Drama-Device im Film. Doch etabliert? Nein, etabliert wurde es nie. Sie sind einfach zusammen. Wir sollen dennoch hoffen, dass es so bleibt. Die Kernkonflikte beider Figuren im Film drehen sich darum. Und von Age of Ultron an ging es so weiter.

Ja, wir hatten in Civil War ein paar Andeutungen auf Vision und Wanda. Aber ausgearbeitet war es kaum. Dann sind sie auf einmal in Infinity War zusammen und ein wichtiger Konflikt geht daraus hervor. Steve und Sharon? Küssen sich auf einmal. So halt. Und während Nakia mal mit T’Challa zusammen war und viel Präsenz im Film hat … Warum die beiden am Ende wieder zusammen sind ist ebenso nicht ganz klar.

In vielen Fällen passieren die Romanzen abseits dem, was gezeigt wird. Ist ja nicht wichtig. Ist ja nur natürlich, dass Mann und Frau … Doch ich komme mir selbst zuvor.

Weiterentwicklung Off-Screen

Das ganze gilt nicht nur für neue Romanzen, teilweise seit Phase 2 auch für die alten. Mehr noch, auch ein Teil der Charakterentwicklung wird Off-Screen gepackt, um die Charaktere in einen Status Quo für einen etwaigen Film zu haben. Was man will halt. Am Ende braucht man eben gerade diese Situation und dann …

Schauen wir noch einmal zu Tony und Pepper. Am Ende von Iron Man 3 (ein Film, den ich nachwievor nicht mag) jagt Tony seine Rüstungen in die Luft, lässt sich operieren und verfestigt die Beziehung zu Pepper. In Age of Ultron spielt Pepper keine Rolle. In Civil War erfahren sie, dass sie „eine Beziehungspause“ haben, weil Tony halt doch nicht aufgehört hat Iron Man zu sein, wie versprochen. Und dann verloben sie sich in Spider-Man Homecoming auf einmal. Und am Anfang von Infinity War reden sie über Kinder. Wie haben sie sich getrennt? Wie kamen sie wieder zusammen? Interessiert den Film nicht. Wichtig ist nur der Status Quo.

Dasselbe passierte bspw. auch mit Jane und Thor. Wir sahen sie zuletzt in Thor: The Dark World und danach … erfahren wir, dass sie mit Thor Schluss gemacht hat. Oh, wie schade. Aber das war’s dann auch. Ja, natürlich gab es Metagründe rund um Schauspielerverträge … Doch im Film? Wirkt es unterentwickelt. Ja, mehr noch, es lässt es teilweise wirken, als wären die Beziehungen wenig wert.

Aber es muss was auf dem Spiel stehen!

Am meisten stören mich allerdings zwei Paare: Natasha und Bruce, sowie Vision und Wanda.

Versteht mich nicht falsch. An sich habe ich nichts gegen diese Paare. Im Gegenteil: Bruce und Natasha mag ich sogar sehr gern zusammen, da ich die Chemie mag und außerdem (wer hätte das gedacht?) Pairings zwischen einer Badass-Kämpferin und einem eher ruhigen, wissenschaftlichen Typen liebe. Insofern: Ja, meine Art von Paar. Und auch Vision und Wanda funktionieren aufgrund der Schauspieler-Chemie für mich ausgezeichnet.

Aber: Ich hasse die Paare gleichzeitig dennoch dafür, wie jeweils Age of Ultron und Infinity War sie eingesetzt haben. Denn beide Filme sind wie folgt drangegangen: „Hey, die beiden sind jetzt zusammen! Oh, nein, Bösewicht. Ihre Beziehung ist in Gefahr! Jetzt fürchte darum! Mach schon!“ Und dass ohne uns einen wirklichen Grund zu geben, warum uns diese Beziehung jetzt interessieren sollte – abseits von „Wir mögen die Charaktere.“

Wie sind diese Paare zusammengekommen? Was macht ihre Beziehung aus? Warum mögen sie einander? Wie weit vertrauen sie einander? Wie weit geht dieses Vertrauen auch in Richtung der Kämpfe? Wie weit verlassen sie sich da aufeinander? Keine Ahnung. Die Filme interessiert es kaum. Die Romanzen sind nur ein billiges Mittel, um zusätzliche Spannung zu erzeugen und ein kleines, menschlicheres Element reinzubringen.

Selbst wenn es jemand versucht …

Es gibt allerdings noch ein Paar, wo es mich noch weit, weit mehr gestört hat, als bei den beiden. Ebenfalls ein Paar, dass in Infinity War auf einmal zusammen war: Peter Quill und Gamora. Denn in beiden Guardians of the Galaxy Filmen hat James Gunn einen großen Schwerpunkt darauf gelegt, dass die beiden nicht „einfach so“ zusammenkommen. Denn beide tragen ihr Trauma mit sich herum.

Im ersten Guardians ist Peter noch zu kindisch, zu unvernünftig, als dass eine Beziehung mit ihm möglich wäre. Gamoras Trauma sorgt derweil dafür, dass sie emotional einfach nicht bereit für eine Beziehung ist. Sie ist nicht „emotionally available“, wie man es im Englischen so schön sagt (Lindsay Ellis hat ein großartiges Video dazu). In Teil 2, der nur ein paar Monate später spielt, entwickeln sich die beiden, aber selbst da sind sie am Ende nicht zusammen. Sie tauen auf, werden besser, aber sie sind in ihrer Charakterentwicklung einfach noch nicht da.

Und dann kam Infinity War: Jo, die sind jetzt zusammen. Hrhr. Und Peter ist wieder so kindisch und unvernünftig wie vorher. Warum sollte das ein Problem sein? Hrhr. Der Film hat so viel in der Charakterentwicklung der beiden kaputt gemacht. Nur für mehr Drama rund um den Plotstrang, der Gamora in den Kühlschrank warf.

„Für Homoromantik hatten wir keine Zeit mehr.“

Das würde mich an sich schon genug stören – gäbe es in der Kombination nicht noch ein anderes Thema: Denn immer wenn es darum ginge eine homosexuelle oder nur homoromantische Beziehung reinzubringen, wird sich gern auf „Wir hatten keine Zeit, das zu etablieren“ herausgeredet. Und da bleibt die Frage: Warum muss man heterosexuelle Beziehungen nicht etablieren – homosexuelle aber schon?

Nehmen wir einen Charakter, der in den Comics lesbisch ist: Okoye aus Black Panther. In den Comics ist sie komplett lesbisch. Im Film? Hetero. In einer heterosexuellen Beziehung. Spielt diese Beziehung irgendeine Rolle? Nein. Wird sie irgendwie etabliert? Na ja, es wird erwähnt, dass sie mit W’Kabi verheiratet ist. Wozu? Warum konnte sie nicht mit einer Frau verheiratet sein? Wozu war diese Beziehung wichtig, wenn es doch keinen Unterschied für den Film gemacht hat? Man hätte exakt denselben Konflikt haben können, den es zwischen ihr und W’Kabi gab, wäre W’Kabi eine Frau gewesen.

Oder auch ein Paar, das unter Fans sehr beliebt ist: Steve und Bucky. Wie man so schön sagt: Wäre Bucky eine Frau, wären die beiden schon längst im Bett gelandet. Weil das wäre dann „normal“. Niemand würde hinterfragen, dass es passiert. Weil er aber ein Mann ist muss es irgendwie aufwändiger etabliert werden, als Sharon, mit der Steve aus dem Nichts heraus einfach rumknutscht? Warum?

Auch andere Beziehungen nicht viel besser

Was mich wirklich frustriert ist, dass das MCU es leider auch bei anderen Beziehungen nicht viel besser ist. Jedenfalls nicht in letzter Zeit. Auch hier wird viel durch Schauspieler-Chemie gerettet. Doch ganz ehrlich: In den Filmen, was macht da die Freundschaft von Steve und Tony aus? Was haben die beiden als Freunde so gemacht? Was? So wirklich wissen wir es nicht, weil die Filme sich nie die Mühe machen, die beiden als Freunde interagieren zu lassen. Wenn sie interagieren, dann immer im Konflikt – ein Konflikt, der durch ihre Freundschaft dramatischer werden soll.

Richtig ärgerlich ist es, weil die Freundschaft der beiden in den Comics so wunderbar ist. Und ja, auch hier könnte man problemlos mehr reinlesen. Doch in den Filmen sehen wir die beiden selten einfach nur als Freunde. Als Freunde, die einfach nur eine Freundschaft haben, anstatt einen freundschaftlichen Konflikt. Warum?

Dasselbe gilt für so viele andere Charaktere auch. Was ist mit Tony und Bruce? Was ist mit Natasha und Clint? Mit Thor und den … anderen Kriegern da, deren Namen alle immer vergessen? Wir sehen erstaunlich wenig freundschaftliche Interaktion und es bleibt die Frage: Warum? Denn ja, wie schon gesagt, Schauspieler-Chemie reißt viel heraus, aber … Nun, sehen wir es wie es ist: Die meisten interessieren sich für die Filme wegen der Charaktere – nicht wegen der Action.

Die Lichtblicke

Und natürlich ist dahingehend nicht alles schlecht. Es gibt auch diverse, die ganz gut von dem On-Screen dargestellten funktionieren. Tony und Peter fand ich recht gut gemacht, die Guardians sowieso (jedenfalls abseits von Infinity War, einem Film, der die Guardians zu hassen scheint). Dennoch: Es ist ärgerlich. Die Mischung aus alledem ist ärgerlich und wirkt auf mich, wenn ich ehrlich bin, auch einfach nur faul.

Show, don’t tell! Das ist eigentlich die Grundlage des Schreibens, gerade wenn es um Filme und visuelle Medien allgemein gehört. Doch genau diese Grundregel nimmt das MCU schon lange nicht mehr Ernst, wenn es um die Beziehungen der Charaktere geht – besonders im Sinne der romantischen. Von der allgemeinen Heteronormativität ganz zu schweigen. Denn ich meine klar, Götter und Aliens? Das kann jeder akzeptieren. Aber Homosexualität … Die muss einem Publikum ordentlich erklärt werden!

Das Beitragsbild wurde von 利用者:Muramasa aufgenommen und unter der CC3.0 Lizenz bereit gestellt.