Solarpunk-Weltenbau: Die Städte der Zukunft
Eigentlich war angekündigt, dass wir uns mit dem Thema Wohnen und Architektur im Solarpunk-Kontext sprechen, doch während wir für den Beitrag geplant haben, wurde sehr deutlich, dass es vorher eines anderen Themas bedarf: Der Städteplanung. Denn diese lässt sich nicht komplett vom Thema der Architektur trennen und ist letzten Endes eine zentrale Voraussetzung.
Solarpunk Städte
Schauen wir uns Solarpunk-Illustrationen an, so sehen einige Dinge, die so nicht passieren werden und auch nicht passieren können oder sollten. Sehr viele Pflanzen auf Gebäuden, Windräder mitten in der Stadt oder direkt auf Gebäuden drauf, sehr viel Glas und Beton und eben der ganze Art Nouveau Stil, der so einflussreich auf die Solarpunk-Bewegung war. Und ja, das sieht natürlich alles sehr hübsch aus, allerdings muss ich euch an dieser Stelle enttäuschen: Wenn wir zukunftsorientierte Städte bauen wollen, werden sie nicht so aussehen. Und während wir uns erst nächsten Monat dem Thema widmen werden, wie denn nun Häuser aussehen könnten, widmen wir uns heute dem Stadtbild.
Wobei zumindest dahingehend Solarpunk-Artworks eine Sache richtig verstehen: Die Städte der Zukunft brauchen weite Flächen, die man zu Fuß, auf dem Fahrrad oder auch mit einem E-Scooter befahren kann und dafür weniger Straßen. Und ja, diese Flächen müssen in irgendeiner Form begrünt sein. Warum? Nun, darüber reden wir gleich.
Das Problem mit der modernen Stadt
Wer diese Beiträge nun seit einer Weile mit verfolgt, der wird wissen, wie wir hier anfangen: Wir sprechen darüber, warum die Dinge, wie sie aktuell laufen, nicht gut sind. Und was soll ich sagen? Städte, wie sie aktuell sind, sind schlecht für Mensch und Umwelt. Sie sind das genaue Gegenteil von Nachhaltigkeit. Und das hat einige Gründe.
Die Stadt als Wüste
Aus ökologischer Sicht gesehen, sind Städte Wüsten – wobei das fast noch zu nett ausgedrückt ist. Denn Wüsten leben. In der Wüste ist eine Menge Natur. In Städten derweil jedoch nicht. Die ein oder andere Sache werdet auch ihr sicher schon gehört haben oder euch denken können. Doch ich möchte an erster Stelle hier über die Städte als Lebensraum sprechen und warum sie für Leben nicht gut sind.
Unser Ökosystem braucht Artenvielfalt. Artenvielfalt ist nötig, damit das Ökosystem stabil sein kann – doch genau diese wird durch Städte, Urbanisierung und anderen Ausbau untergraben. Ein wichtiger Aspekt hierbei ist die Fragmentierung von Lebensräumen.
Sicher, einige Tiere können in den Städten überleben oder sogar ein gutes Leben führen. Wir kennen alle die Tiere, die sich an das Städtische Leben gut angepasst haben: Ratten, Tauben, Möwen, Waschbären, Füchse und einige der krabbelnden Art. Doch alles in allem können viele Tiere in den Städten so nicht überleben oder überleben wenn innerhalb der wenigen Grünflächen, die in Städten existieren. Diese Lebensräume in den Städten sind jedoch fragmentiert, das heißt sie werden durch eben den Städtebau auseinandergerissen und viele Tiere können nicht ohne weiteres von Grüngebiet A zu Grüngebiet B kommen. Was dazu führt, dass hier Gruppen von Tieren voneinander abgeschirmt werden und dadurch auch ihre Diversität beeinträchtigt wird.
Besonders schlimm sind die Städte und die Urbanisierung für die Insekten. Wir reden häufig über die Bienen, speziell die Wildbienen. Doch es betrifft noch so viel mehr Insekten. Es hat Gründe, warum im Sommer die Windschutzscheiben sauber bleiben. Und einer der Grund ist, dass wir wenig Flächen haben, in denen Insekten gut leben können. Denn selbst auf den Grünflächen wachsen nicht länger Wildblumen und andere Pflanzen, von denen sich die Insekten ernähren können. Es sind keine wilden Flächen – doch genau diese werden gebraucht. Und natürlich muss an dieser Stelle festgestellt werden, dass Insekten und eben auch diese Pflanzen eine der Grundlagen der Nahrungskette sind und ihr Aussterben sich negativ auf das gesamte Ökosystem auswirkt.
Dazu kommt, dass wir in den Städten den Boden komplett zerstört haben. Das klingt vielleicht erst einmal seltsam, doch sämtliche Baustrukturen zerstören Boden, der sich über Jahrhunderte aufgebaut hat und nur sehr schwer zu regenerieren ist. Und auch das wirkt sich auf die Biodiversität aus, da auch der Boden eine wichtige Grundlage ist und Schutz für viele Tiere bietet. Und natürlich ist er auch wichtig für eine andere Funktion…
Hitze, Wasser, Luft
Städte, wie wir sie aktuell bauen, sind nicht nur schlecht für Tiere und Artenvielfalt, sondern bereiten den Menschen einige Probleme. Und diese Probleme und der Klimawandel verschlimmern einander immer weiter.
Städte sind in der Regel Hitzeinseln. Was heißt das? Nun, viele werden sicher wissen, dass Städte immer etwas wärmer sind, als das Umland. Im Winter ist dies nicht zuletzt von der Menge an Abwärme begründet, doch im Sommer kommt dies vor allem daher, dass Städte Wärme sammeln und konzentrieren. Denn die großen Betonflächen – sowohl durch Betonbauten, als auch vor allem die Straßen und Parkplätze – sammeln die Hitze und strahlen diese ab. Schatten gibt es kaum und auch Verdunstungsflächen (eben durch Grünflächen und Bäumen) gibt es in den allermeisten Städten viel zu wenig. So dass Städte im Sommer zu Hitzefallen werden.
Ein anderes Problem ergibt sich unter anderem aus dem Mangel an Grünflächen und Boden: Städte haben keinen gesunden Wasserkreislauf mehr, was erneut Auswirkungen auf das gesamte Ökosystem hat, aber auch auf die Infrastruktur und die Menschen, die in den Städten wirken. Die meisten werden über den Wasserkreislauf in der Schule gehört haben: Wasser verdunstet, wird zu Wolken, Wolken regnen im Landesinnern ab, der Regen versickert und ein Teil kommt über Flüsse zurück in Flächen, von wo das Wasser versickern kann. Doch in Städten kann Wasser nicht oder kaum versickern, weil eben der Boden fehlt und die Flächen versiegelt sind. Dies macht nicht nur Überschwemmungen wahrscheinlicher, sondern ist auch ein beitragender Faktor dafür, dass uns langsam das Grundwasser ausgeht und gleichzeitig auch Regelmäßig unsere Abwasserinfrastruktur überlastet wird. Denn hier spielt die Tatsache, dass Wasser nicht versickern kann, damit zusammen, dass wir durch den Klimawandel immer weniger, dafür heftigere Regenfälle bekommen. Und in vielen Städten ist die Abwasserinfrastruktur nicht darauf ausgelegt so viel Wasser auf einmal zu verarbeiten. Dies kann in einigen Fällen dazu führen, dass Abwasser aus dem System abgelassen werden muss, ohne aufgearbeitet zu werden.
Zuletzt haben wir auch das Problem der Luft. So wie Städte aktuell aufgebaut sind, entstehen viele Abgase. Unter anderem durch Autos, aber natürlich auch durch Fabriken. Durch die Bauart der Städte ist es jedoch so, dass diese häufig in den Städten „gefangen“ werden. Dies passiert dadurch, wie Gebäude den Luftaustausch verhindern, aber auch durch die Hitze, die häufig für Wärmekuppeln über Städten sorgt, die ebenfalls den Luftaustausch beeinträchtigen. Genau so kommt es zu Smog in den Städten, der letzten Endes alles Leben in ihnen beinträchtigt.
Die Stadt und der Fluch der Autos
Und natürlich. Ihr merkt es schon bei vielen dieser Sachen schwingt eins mit: Das Auto und seine asphaltierten Straßen sind ein riesiges Problem. Denn wie wir auch schon im Thema des Verkehrs und der Transportation angesprochen haben: Aktuell sind Städte – vor allem moderne Städte – rund um das Auto strukturiert. Das heißt ein großer Anteil (19%) der Fläche in Städten dient nur den Autos und ihrer Infrastruktur. Die versiegelten Flächen? So viele davon sind Straßen und Parkplätze. Und genau diese sind mit auch für die Hitze in den Städten verantwortlich und dafür, dass die Lebensräume der Tiere fragmentiert werden. Wie ich bereits im Transportations-Thema gesagt habe: Es gibt Leute, die brauchen ihr Auto aus wirklich guten Gründen. Doch wir müssen von der Autozentrischen Infrastruktur wegkommen.
Denn nicht nur, dass die Autos und ihre Infrastruktur so viele negative Effekte auf die Umwelt haben, sie sorgen auch das menschliche Gemeinschaften voneinander getrennt werden. Auch wenn natürlich unsere gesellschaftliche Fragmentierung auch soziale Gründe hat, so ist die Tatsache, dass es so wenig geteilte Flächen für Menschen in einer Nachbarschaft gibt ein Teil davon. Die meisten Straßen in unseren Städten dienen als Infrastruktur für Autos, mit nur wenig Platz für Fußgänger, spielende Kinder oder auch einfach nur um sich mit den Nachbarn zu unterhalten oder neue Leute zu treffen. Es gibt nur wenig Straßen, in denen es Cafés gibt, die auf die Straße reichen. Es gibt alles in allem sehr wenig Sitzbänke – und wenn es sie gibt, werden sie aufgrund von Hostile Designs auch so unbequem gemacht, dass man sich nur schwer länger hinsetzen kann. Was allgemein dafür sorgt, dass die meisten Menschen sehr wenig mit ihren Nachbarn interagieren. Gleichzeitig sorgt es auch dafür, dass die Städte für Fußgänger und auch Tiere wesentlich gefährlicher werden. Denn Autos sind gefährlich.
Zuletzt ist da natürlich die Tatsache, dass die Abgase der Autos eben sind, was mit dazu beiträgt, dass die
Gentrifizierung und Zoning Laws
Zuletzt müssen wir noch über ein anderes Problem sprechen, das moderne Städte plagt, beziehungsweise zwei Themen, die sehr eng miteinander verbunden sind – und über die wir auch nächsten Monat noch einmal im Detail sprechen müssen. Dennoch, sie hängen ebenfalls mit der Stadtplanung zusammen, deswegen lasst mich das Thema hier aufgreifen. Denn ja, Gentrifizierung ist ein Problem und war es schon immer.
Was ist Gentrifizierung? Nun, von Gentrifizierung sprechen wir wenn wir einen Stadtteil haben, der durch eine bestimmte Kultur beherrscht wird und dann von einer anderen Kultur übernommen wird. Das kann eine bestimmte ausländische Kultur sein – in vielen Texten, die amerikanische Beispiele nehmen, wird hier von Chinatowns und Latinx beherrschten Stadtteilen gesprochen – aber auch eine bestimmte andere Kultur, wie zum Beispiel in Künstler*innen-Vierteln. Diese Stadtteile haben meistens recht billige Mieten, was sich gegenseitig beeinflusst (meist ziehen diese Gruppen dahin, weil die Mieten niedrig sind und weil diese Gruppen da leben bleiben die Mieten gering). Dann gibt es aber reichere Menschen, die sich von dieser Kultur angezogen fühlen und hinziehen… Und auf einmal werden es mehr und mehr und dadurch steigen die Mieten, weshalb die ursprüngliche Gruppe sich die Mieten nicht länger erlauben kann und woanders hinziehen muss. Dabei passiert dies oftmals, ohne dass diese Absicht bestand, doch es gibt auch Fälle, in denen Nachbarschaften mit Absicht gentrifiziert werden, um eine bestimmte Minderheit von dort zu vertreiben.
An dieser Stelle müssen wir auch über Zoning Laws (zu Deutsch Baugesetze) sprechen, die an dieser Stelle teilweise auch für diese absichtliche Gentrifizierung eingesetzt werden. Doch was verbirgt sich dahinter? Nun, hier eben der Grund warum ich den englischen Begriff reinwerfe, da er es deutlicher sagt als „Baugesetze“. Zoning Laws teilen Städte in Zonen ein, die festlegen was innerhalb in einer Zone gebaut werden kann. Erst einmal ist das keine schlechte Sache. Denn das sorgt unter anderem dafür, dass die neue Chemiefabrik nicht in einer Wohngegend hochgezogen wird. Doch leider werden diese Gesetze auch immer wieder dafür eingesetzt, um Mietpreise hoch zu halten und einen künstlichen Wohnungsmangel zu schaffen. Denn diese Zonen können auch sagen, dass bestimmte Gebiete keine Mehrfamilienhäuser erlauben (die nun einmal mehr Wohnraum zur Verfügung stellen, als Einfamilienhäuser) oder auch keine gemischte Nutzung von Gebäuden (bspw. als Ladenfläche im Erdgeschoss und als Wohnung in oberen Stockwerken) zulassen. Alles Gesetze, die dafür sorgen, dass es weniger Wohnraum gibt. Auch die Qualität der Wohngegenden wird häufig verringert, denn erneut werden die Menschen dadurch getrennt und es gibt weniger Raum, in denen sich die Menschen treffen können.
Ein komplexes Thema
Wenn wir nun zum Thema kommen: „Wie machen wir es besser?“ so muss ich leider zugeben, dass es bei diesem Thema nicht so leicht ist. Denn während bei den meisten anderen Themen, die ich bisher in dieser Reihe behandelt habe, sich wissenschaftlich eine oder Meinungen herauskristallisieren, wie man es besser machen kann, so ist es in diesem Thema nicht ganz so. Aus dem einfachen Grund, dass es hier einige Zusammenhänge gibt, die schwer abzusehen sind und teilweise auch bei Versuchen gemischte Ergebnisse hatten. Auch ist es leider nun einmal so, dass es auch ökologisch für das Problem der versiegelten Flächen keine optimale Lösung soweit gibt.
Dies gilt vor allem für das Thema Wohnungsbau und eben Gentrifizierung. Denn hierbei ist es so, dass es in geringen Anteilen positiv sein kann – aber eben schnell umschlägt, so dass halt eben die ursprüngliche Bevölkerung vertrieben wird. Und auch ein gewisses Maß von Zoning kann sinnvoll sein, um die Stadt zu strukturieren. Wo genau die Grenze gezogen werden sollte ist nur das Thema, was im Fachbereich umstritten ist. Genau so wenn es darum geht, wie viel die Städte selbst an Bauprojekten hochziehen sollten!
Entsprechend sind die nachfolgenden Themen nur ein paar Ansätze, die manche der Probleme lösen – aber nicht alle.
Walkable Cities
Eine der Sache die sozialwissenschaftlich erst einmal wenig umstritten ist, ist die Tatsache, dass wir zurück zu „Walkable Cities“ also „begehbaren Städten“ zurücksollten. Was heißt das? Nun, in erster Linie bedeutet es erst einmal, dass jemand, der nur zu Fuß unterwegs ist eine Möglichkeit hat, alle wichtigen Dinge in der Stadt zu erreichen. Das heißt, dass jemand, der irgendwo wohnt idealerweise die wichtigen Dinge (Supermarkt, Drogerie, Apotheke, Arzt, Schule, Arbeitsplatz) entweder in Laufdistanz hat oder eine Haltestelle für den Nahverkehr in Laufdistanz, mit dem diese Dinge leicht zu erreichen sind.
Weitergehend heißt dies jedoch, dass die Städte eben nicht länger um Autos und Straßen herumgeplant werden, sondern um Fußgänger und Fahrräder. Das heißt, dass es weite Flächen gibt, die zu Fuß begehbar sind und auch Möglichkeiten bieten, sich draußen aufzuhalten. Zum Beispiel durch einen Park oder gemeinschaftlich genutzte Flächen. Am besten sind an dieser Stelle Flächen für gemischten Nutzen – also bspw. mit anliegenden Läden und Cafés, aber eventuell auch einer Möglichkeit die Flächen für Sport zu nutzen.
Dies erlaubt nicht nur dafür, dass Menschen sich eher draußen aufhalten können, sondern erlaubt auch einfach für mehr Möglichkeiten andere Menschen zu treffen und mit ihnen zu interagieren. Und ja, auch wenn es vielleicht für die introvertierten Menschen anstrengend klingt, wir brauchen es gesellschaftlich so dringend, da es eben auch zu einem stärkeren gesellschaftlichen Zusammenhalt führt.
Nachhaltiger Städtebau
Was auch beim Städtebau bedacht werden muss, ist, dass die Städte als Strukturen nachhaltiger werden müssen. Das heißt: Sie müssen sich mehr in die Umwelt und unser Ökosystem einfügen, als dass sie es aktuell tun. Und dafür gibt es einige Aspekte, die dabei bedacht werden müssen.
Zum einen müssen wir weg vom Beton. Der Beton, wie wir ihn aktuell benutzen, ist ein fester Bauteil unserer modernen Welt, aber er ist auch auf so viele verschiedene Arten weder umweltfreundlich, noch zukunftsträchtig. Der Beton ist eine der Hitzefallen in den modernen Städten und sorgt dafür, dass Wasser nicht ablaufen kann. Er ist außerdem immer wieder anfällig für bestimmte Mängel, speziell natürlich als Straßenbelag. Zusätzlich wird bei der Produktion von Beton eine Menge CO2 ausgestoßen, was natürlich mit den damit verbundenen klimatischen Folgen einhergeht. An dieser Stelle sei natürlich gesagt, dass wir auch auf den Beton nicht komplett verzichten können, sofern wir kein alternatives, ähnliches Material haben (etwas, woran geforscht wird). Aus dem einfachen Grund, dass anderer Bodenbelag für viele Menschen, die auf Mobilitätshilfen angewiesen sind, anderer Bodenbelag eine Barriere darstellt. Dennoch wäre es wünschenswert in zumindest einigen Bereichen auf Pflasterbeläge und Naturboden zurückzugehen.
Auch ist es wichtig Städte, um Grünflächen und vor allem verbundene Grünflächen herum zu planen. Ein aktuelles Problem ist, wie bereits gesagt, die Fragmentierung von Lebensräumen. Und genau dagegen müssen wir anarbeiten, indem wir nachhaltige Grünflächen (inklusive Wildblumen und Büschen) durch ganze Stadtgebiete ziehen – notfalls auch verbunden durch Grüne Brücken, wie sie bspw. über Autobahnen bereits gebaut werden.
Ein anderer Teil ist jedoch auch, dass wir „Zoning“ komplett überdenken müssen, denn aktuell ist es ein Faktor, der die Gebäudepreise und auch Wohnungspreise so in die Höhe treibt. Dies ist ein Thema, über das wir nächsten Monat beim „Wohnen der Zukunft“ sprechen werden. In Bezug auf die Stadtplanung sei jedoch gesagt, dass sich zumindest ein Konzept der „Walkable City“ durchsetzen muss. Mit mehr Platz für nicht-motorisierte Fortbewegung und einer besser durchgeplanten Nahverkehrsinfrastruktur.
Diversität ist Stabilität
An dieser Stelle sei ein Thema eingebracht, das ich auch beim Themenblock „Gesellschaft der Thema“ aufgebracht habe: Es ist für Städte (und allgemein sozialgeographische Konstrukte) von Vorteil, wenn diese sehr divers und heterogen sind. Das heißt, wenn sich die verschiedenen Gruppen tatsächlich auch miteinander mischen.
Aktuell ist es so – nicht zuletzt durch Zoning und Gentrifizierung – dass häufig Städte zwischen den Stadtteilen sehr aufgeteilt sind. Es gibt einen oder mehrere Stadtteile mit einer hohen Anzahl an Einwanderern. Es gibt einen Stadtteil, der als queeres Szeneviertel bekannt ist. Es gibt einen armen und einen reichen Stadtteil. Und dadurch, dass diese unterschiedlichen Stadtteile so voneinander geographisch getrennt sind, vermischen sich die Gruppen wenig. Das ist schlecht.
Denn getrennte Gruppen sind anfälliger für Vorurteile gegenüber anderen und sorgen eher für kulturelle Reibungen. Ein Grund, warum Großstädte in der Regel progressiver sind, als ländliche Regionen ist, dass in diesen Städten sich die Menschen eher mischen und darüber Vorurteile gegenüber den anderen abbauen können. Auch innerhalb der Städte sieht man ähnliches, wenn man sich die verschiedenen Stadtteile ansieht.
Während wir sicher Singapur in vielerlei Hinsicht nicht als Positivbeispiel betrachten können, so hat der Stadtstaat gezeigt, dass eben genau dies der Wahrheit entspricht. Denn Singapur hat viele soziale Probleme eingedämmt, indem es gezielt dafür gesorgt hat, dass Wohnbezirke und auch Mehrfamilienhäuser divers gemischt sind. Menschen profitieren durchweg durch eine diverse Umgebung und dadurch mit unterschiedlichen Menschen zu interagieren.
Stadt-Land-Kluft
Eine andere Sache, die wir an der Stelle ansprechen wollen, ist die Stadt-Land-Kluft. Denn hier sind sich weder Sozialgeographie, noch Urban Planning wirklich sicher, wie man hiermit am besten umgehen soll.
Wie viele sicher noch in der Schule gelernt haben, hat die Industrialisierung eine starke Urbanisierung mit sich gebracht. Das heißt, dass mehr und mehr Leute in die Städte gezogen sind. Ein Effekt der sich abseits von ein paar Ausreißerjahren (unter anderem in der Pandemie) seither auch fortgesetzt hat. Es ist in erster Linie darauf zurückzuführen, dass nicht nur die Jobs in den Städten sind, sondern auch diverse Services, auf die Leute angewiesen sind, wie Ärzte und Krankenhäuser.
Und an sich hat es Fortteile die Leute in Städten konzentriert zu haben: Man kann an Infrastruktur sparen (sowohl in Sachen Transport, als auch in Sachen Wasser, Strom und Internet Anbindung, da man hier mehr Leute mit weniger Material erreichen kann, da die Bevölkerungsdichte in den Städten höher ist) und es ist eben leichter, diese notwendigen diversen Umfelder zu schaffen. Gleichzeitig haben Städte aber natürlich auch einen großen Nachteil. Es braucht weit mehr Planung eine eng besiedelte Stadt nachhaltig zu gestalten, als eine eher dünn besiedelte ländliche Region – selbst wenn sich dies häufig dadurch, dass die Stadt leichter begehbar zu gestalten ist, ausgleichen kann. Doch viel mehr noch: In Städten verbreiten sich Krankheiten schneller und gerade im Falle einer Pandemie sind die Erreger und Infektionen schwerer einzudämmen.
Dazu kommen natürlich noch andere, psychische Nachteile, sofern eine Stadt nicht entsprechend gestaltet ist. Denn der Mensch braucht nachgewiesenermaßen Natur in seinem Umfeld, da ansonsten die Wahrscheinlichkeit für Depressionen steigt. Diese ist in der Regel auf dem Land leichter zu erreichen.
Während entsprechend durchaus einiges dafür spricht, dass die Urbanisierung per se eine gute Entwicklung sein kann, so muss eben gesagt werden, dass sie auch einige Nachteile hat, vor allem für die Menschen, die im Urbanen Raum leben.
Alte Städte für die Zukunft
Eine Sache, die wir realisieren müssen, ist, dass Städte, wie sie früher gebaut wurden, weitaus nachhaltiger waren, als moderne Städte es sind. Während wir – wie gesagt – nicht komplett auf Pflasterstein aufbauen können, wenn wir accessible bleiben wollen, so sind diese weitaus besser für die Versickerung waren. Auch waren alte Städte begehbarer und gerade als Trams aufkamen, gab es sie in vielen Städten. Doch diverse historische Ereignisse – von der französischen Revolution hin zur Automobilrevolution – haben dafür gesorgt, dass wir uns von diesem Städtebau wegbewegt haben. Und das war ein Fehler.
Unsere Städte müssen wohl oder übel dichter werden, um begehbar zu sein. Städte müssen auch darin investieren, ihre Nahverkehrsinfrastruktur weiter aufzubauen. Auch ist es wichtig, dass Städte grüner werden. Für die Insekten und die natürliche Diversität, für die menschliche Psyche und um dem Prinzip der Hitzeinseln entgegen zu wirken. Einen Teil dieser Grünflächen zu Essenswäldern zu machen, ist dabei nur sinnvoll.
Eine Sache sollten wir dabei Realisieren: Nachhaltige Städte sind auch besser für die Menschen, die in ihnen wohnen. Wir müssen weg von der isolatorischen, zerstörerischen Stadtplanung, die sich nur um Autos zentriert.
Quellen und weiterführende Texte
Climate Central (2021): Hot Zones: Urban Heat Islands
Vitoria-Gasteiz City Council (2014): The Urban Green Infrastructure of Vitoria-Gasteiz
European Environmental Agency (2011): Landscape Fragmentation in Europe
Larissa Larsen (2015): Urban climate and adaption strategies
Urban Design London: Designing Rain Gardens: A Practical Guide
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Das Beitragsbild stammt von Unsplash.