Urban Fantasy Review: Urban Fantasy: Going Intersectional
Der Ach Je Verlag hat im Januar die Anthologie „Urban Fantasy: Going Intersectional“ herausgebracht. Da diese Anthologie gleich zwei Dinge beinhaltet, die dieser Weblog behandelt – Urban Fantasy und Intersektionalität – scheint es nur angemessen, eine Rezension dazu zu verfassen, auch wenn wir hier üblicherweise keine Anthologien rezensieren.
Allgemein
Die Anthologie hat ihre Geschichten zum Teil aus einer Ausschreibung, zum Teil aber auch über direktes Anschreiben von Autor*innen bezogen. Das heißt die Anthologie ist eine Mischung aus beidem. Informationen darüber, wie viele Einsendungen sie bekommen hat, liegen mir nicht vor.
Was bei dem Buch direkt auffällt, ist die wirklich sehr schöne Aufmachung. Das Cover ist sehr hübsch und auch innen ist das Buch sehr schön aufgemacht, mit durch einen schwarzen Balken hervorgehobenen Überschriften. Leider hat der Umschlag keine gute Qualität. Die matte Folie drum herum hat bereits nach einmaligem Lesen angefangen sich abzulösen.
Was ein sehr großer negativer Punkt ist: Die Anthologie verfügt über keinerlei Triggerwarnungen, was sie allerdings bei dem Inhalt von diversen Geschichten deutlich gebraucht hätte. Gerade bei einer Anthologie, die Intersektionalität groß schreibt, sollte eigentlich zu erwarten sein, dass so etwas mitbedacht wird. Übrigens gibt es soweit auch die Triggerwarnungen nicht auf der Webseite des Verlags.
Ebenso kann allgemein negativ angemerkt werden, dass in einem guten Drittel der Geschichten Interpunktionsfehler zu finden waren. In einer Geschichte auch ansonsten einige Tippfehler. Bei einem Buch, das angeblich ein Korrektorat hatte, sollte eigentlich erwartet werden können, dass es so etwas nicht gibt.
Die einzelnen Geschichten
Was es schwer macht, eine Anthologie zu rezensieren, ist, dass die Geschichten alle sehr unterschiedlich sind. Deswegen gibt es hier eine kurze Rezension zu jeder der Geschichten, inklusive der Triggerwarnungen für die Geschichte. (Hierbei ein großes Dankeschön an Noah, das eine komplette Liste dafür geschrieben hat.)
1. Die Prinzessin von Isabella von Neissenau
Triggerwarnungen: Transfeindlichkeit, Deadnaming, Misgendering, gewaltsamer Tod einer trans Frau, Feuer
Handlung: Alenas Schwester, die erste Prinzessin der Elfen, wurde brutal ermordet. Alena versucht herauszufinden, wer für den Tod verantwortlich ist.
Die Anthologie hat leider keinen besonders guten Anfang, denn sie fängt mit einer Geschichte an, die wirklich keine gute Repräsentation hat. Alena, die Hauptfigur, ist eine trans Frau und wird im Verlauf der Geschichte mehrfach misgendert und gedeadnamed. Auch stirbt sie zum Ende der Geschichte gewaltsam.
Davon abgesehen ist ausgerechnet diese erste Geschichte eine, die viele Interpunktionsfehler und nebenbei auch sehr viel Tell im Vergleich zum Show beinhaltet.
Gerade als trans Person ist die Geschichte sehr schwer zu lesen. Das hätte nicht sein müssen.
2. Die letzte Heimkehr von James A. Sullivan
Triggerwarnungen: Überfall, Rassismus (nicht ausgeschrieben), Sexwork-Feindlichkeit (nicht ausgeschrieben), Misogynie (nicht ausgeschrieben), Gewalt, Verletzung
Handlung: Elena schlägt sich seit Jahren irgendwie durch, im Versuch sich selbst und ihre Gorgone zu beschützen. Als sie in dieser Nacht heimkehrt, warten gleich zwei Überraschungen auf sie, eine gut und eine schlecht.
Dies war eine der besten Geschichten der Anthologie. Zwar fängt sie mit einem rassistisch motivierten Angriff auf die Protagonistin an, doch werden hier die Slurs zwar angedeutet, aber nicht ausgeschrieben. Der Stil in dieser Geschichte lässt sich sehr gut lesen. Der Weltenbau ist sehr interessant. Also eine wirklich durchweg solide Geschichte.
3. Vegan für fortgeschrittene Tote von Annie Waye
Triggerwarnungen: Homofeindlichkeit, Dyacissexismus, Tod, Essen, Emeto
Handlung: Ron hat ein Problem: Seit ihn jemand bei einem One-Night-Stand gebissen hat, kann er sein Essen nicht mehr bei sich behalten und hat auf einmal das starke Bedürfnis Fleisch zu essen. Wird er etwa zum Zombie?
Diese Geschichte hatte ein interessantes Konzept, kann leider aber in ihrer Umsetzung nicht überzeugen. Das Problem hier ist, dass auch diese Geschichte diverse ausgeschriebene Slurs in Bezug auf den homosexuellen Protagonisten beinhaltet und auch verschiedene Beispiele von Cissexismus. Dazu kommt, dass der Protagonist der „schwule beste Freund“ einer Frau ist und alles in allem sehr klischeehaft dargestellt ist.
4. Das Innerste der Welt von Lena Richter
Triggerwarnungen: Tod durch Feuer, Homofeindlichkeit, Blut, chronische Erkrankung
Handlung: Eine Frau sucht das abgebrannte Haus auf, in dem sie aufgewachsen ist. Sie hat nur bis Mitternacht Zeit, um das Innerste, den Kern des Hauses, zu finden.
Auch diese Geschichte gehört zu den besseren der Sammlung. Sehr mutig im Du-Stil geschrieben, den man alles in allem selten findet. Auch in dieser Geschichte kommen zwar *ismen vor, werden aber nicht ausgeschrieben, was es in Ordnung ist. Außerdem bietet diese Geschichte einen sehr interessanten Weltenbau, ohne zu sehr ins „Tell“ abzudriften. Es ist außerdem sehr schön zu sehen, dass die Protagonistin mit einer chronischen Erkrankung dargestellt wird, die hier parallel zur Magie existiert.
5. Die Pirouette von Ilka Mella
Triggerwarnungen: Mobbing, Ableismus/Saneismus, Bodyshaming, Fettfeindlichkeit, missbräuchliche familiäre Beziehungen, Queerfeindlichkeit, Suizid, Hauterkrankung, Blut
Handlung: Francois ist ein ungewöhnlicher Troll. Denn er träumt von nichts so sehr, wie davon Ballett zu lernen. Dafür wird er von den anderen Trollen verachtet.
Diese Geschichte ist von ihrem Konzept her eigentlich ganz süß, hat nur erneut wieder das Problem, dass im Text eine Menge *ismen reproduziert werden. Zum einen dadurch, dass der Protagonist von den anderen Trollen gemobbt wird und dieses Mobbing ausgeschrieben wird, zum anderen aber auch, weil eine der Ballerinas, die er heimlich beobachtet, ebenfalls für ihren Körper geshamet wird. Dies wird auch teilweise im Erzähltext reproduziert, der ihr lockiges Haar immer wieder als „wild“ bezeichnet. Auch haben wir in diesem Text einen ausgeschriebenen Suizidversuch, der wirklich eine Triggerwarnung hätte gebrauchen können.
6. Burkitty von Aşkın-Hayat Doğan
Triggerwarnungen: Nazis, Rassismus, Schwangerschaft (Erwähnung), Ableismus/Saneismus, Gewalt
Handlung: Riem hat einen Auftrag zu erfüllen, der sie nach Prag bringt.
Diese Geschichte hatte einiges an Action und außerdem einen recht amüsanten Anfang, bei dem die Protagonistin ihre Zeit im Internet verbringt. Da ich mich bekannterweise sehr über den Mangel an Computern in Urban Fantasy beschwere, fand ich das sehr angenehm. Das einzige, was mir an der Geschichte im Kontext mit der Anthologie kritisieren mag, ist, dass es kaum fantastische Elemente in ihr gab. Da hätte es ein wenig mehr geben können.
7. Zuhause von Ronja Schrimpf
Triggerwarnungen: Rassismus, Kolonialismus, Klimawandel, Feuer, Verlust von Heimat
Handlung: Maroochy hat durch einen Waldbrand in Australien ihre Heimat verloren und versucht sich nun in ihrem neuen Leben einzufinden. Etwas, das dadurch schwerer wird, dass sie kein richtiger Mensch ist.
Diese Geschichte ist äußerst problematisch und ich verstehe ehrlich gesagt nicht, was sie in dieser Sammlung macht. Die Geschichte handelt von einer Aborigine, die ihre Heimat verloren hat und nun unter weißen Menschen lebt. Dabei werden die Aborigines als magisch dargestellt, was ein äußerst problematischer Trope ist („Magic Indigenous“). Das gilt doppelt, da hier eine reale indigene Gruppe mit magischen Fähigkeiten besetzt wurde, anstatt dass sich eine ausgedacht wurde. Umso mehr, da diese Gruppe nicht einmal eine entsprechende Mythologie besitzt (diese wurde von den Navajo genommen) und das ganze mehrfach genutzt wird, um zu betonen, dass der indigene Charakter nicht wirklich „menschlich“ ist. Um dem ganzen noch die Krone aufzusetzen, entsteht eine Romanze zwischen der indigenen Protagonistin und einem weißen Charakter. Die Geschichte ist fraglos gut gemeint, aber hier fehlte komplett die Sensibilisierung für indigene Themen – sowohl auf Seite der Autorin, als auch auf Seite der Herausgeber*innen.
8. ZuneigungsFormen von Robin Nayeli
Triggerwarnungen: Ableismus, Sexismus, Erwähnung von Geschlechtsorganen
Handlung: Lilin hat ein Problem. Als Succubus bekommt sie einfach nicht die Jobs, die sie gerne machen würde. Derweil hat sie als asexuelle Succubus wenig Interesse die Jobs auszuüben, die für ihre Art typisch wären.
Auch diese Geschichte gehört zu den besseren der Sammlung. Der Stil ist äußerst unterhaltsam und lässt sich fließend lesen und auch die Handlung ist interessant. Die Idee eines asexuellen Succubus ist interessant und die Geschichte arbeitet auch wirklich mit der Idee. Viel mehr gibt es zu der Geschichte auch nicht zu sagen. Die Geschichte war wirklich gut.
9. Antimykotikum von Olver Kontny
Triggerwarnungen: Rassismus, Sexismus, Queerfeindlichkeit, Trumpismus
Handlung: Frieder hat deutliche Meinungen zum Thema Feminismus, was seine Freundschaft mit Rapha stark belastet.
Uff. Noch eine Geschichte, bei der sehr stark die Frage aufkommt, was sie überhaupt in dieser Sammlung macht. Zum ersten haben wir einen Protagonisten, der sämtliche Formen von *ismen reproduziert. Dann haben wir einen Plot, bei dem seine „Männlichkeit“ geheilt wird, indem man ihm ein Mittel einflößt. Dann wird Feminismus wie eine Sekte dargestellt. Und nebenbei fehlen irgendwie komplett fantastische Elemente. Diese Geschichte ist weder Urban Fantasy, noch ist sie intersektional.
10. Magiebegabt, 35F, in Ausbildung von Teresa Teske
Triggerwarnungen: Ableismus, Alkohol, Drogen, Depression, Queefeindlichkeit, schwierige Beziehung zu Familie, Panikattacke
Handlung: Natasha kommt aus einer magischen Familie, hat ihre Magie aber nicht unter Kontrolle. Deswegen ist sie nun endlich in einer mundanen Ausbildung, doch auch hier kommt ihre unkontrollierbare Magie ihr in den Weg.
Auch das hier war eine der besseren Geschichten in der Anthologie. Wenngleich nur über eine Metapher erzählt sie über das Leben mit einer Behinderung – in diesem Fall eben die mangelnde Fähigkeit die eigene Magie zu beherrschen. Außerdem schön, dass neben der zentralen Marginalisierung noch andere Marginalisierungen vorkamen.
11. Majas Queste von Judith Vogt
Triggerwarnungen: Positiver Ableismus, Pandemie-Metapher
Handlung: Sami soll eigentlich nur mit ihrer Schwester Maja einkaufen gehen, doch der Nebel zwingt sie zu einem Umweg, der unerwartete Folgen haben soll.
Auch „Majas Queste“ war eine der besseren Geschichten in dieser Anthologie. Sie war vom Stil her sehr angenehm geschrieben. Leider ist es ein wenig kritisch zu bewerten, dass mit Majas Down-Syndrom sehr in Richtung „positiver Ableismus“ umgegangen wird. Im Sinne von: „Oh, wir können von diesen Menschen ja so viel lernen. Sie machen das Leben für alle um sie herum besser.“ Solche Darstellungen sollten zumindest hinterfragt werden.
12. Serenade und die Berge von Luna Day
Triggerwarnungen: Alkohol, Mord
Handlung: Serenade ist eine Sirene. Sie muss anderen Menschen das Leben aussaugen, um selbst überleben zu können. Dann lernt sie John kennen …
Serenade und die Berge war eine Geschichte, die mir persönlich nicht so gut gefallen hat, die aber objektiv ganz gut geschrieben war. Sie handelt halt von einer sich entwickelnden Romanze zwischen zwei übergewichtigen Personen und vom Konflikt der Protagonistin, dass sie vielleicht nicht mehr töten will, um selbst zu überleben. Das ganze weniger in urbaner, sondern eher in ländlicher Atmosphäre, aber dennoch fraglos Urban Fantasy.
13. Platanendom von Stefanie Huber
Triggerwarnungen: Ableismus, Gewalt, Psychotherapie, Rassismus
Handlung: Mona findet einen Gullideckel, aus dem Stimmen kommen, die rechte Parolen wiedergeben.
Ich weiß ehrlich gesagt nicht, was ich aus dieser Geschichte machen soll. Sie ist irgendwie schon intersektional, aber die fantastischen Elemente sind so vage gehalten, dass es sich nicht wirklich wie Urban Fantasy anfühlt. Außerdem in dieser Geschichte sehr störend: Es gibt einfach viel zu wenig Zeilenumbrüche, was den Text schwer zu lesen macht.
14. Korallen von Marcel Lewandowsky & Schwartz
Triggerwarnungen: Gewalt, Kannibalismus, Ageismus, Pandemie
Handlung: Es ist eine Pandemie ausgebrochen, die vor allem alte Leute zu betreffen scheint und die diese extrem gewalttätig werden lässt.
Was soll ich zu dieser Geschichte sagen? Sie ist nicht wirklich Urban Fantasy. Sie ist nicht wirklich intersektional. Sie handelt von einem Mann (dessen Identität nie näher umschrieben wird), der eben durch diese Pandemie lebt und seit Beginn von dieser das Haus nicht mehr wirklich verlassen hat. Das ganze hat so ein wenig die Atmosphäre einer Zombie-Apokalypse, was aber nicht wirklich Urban Fantasy ist. Außerdem auch hier: Sehr wenig Zeilenumbrüche und sehr schwer zu lesen.
15. Gezeiten von Jade S. Kye
Triggerwarnungen: Gewalt, Speziismus, Diskriminierung, Alkohol
Handlung: Lorenna ist zu einer Konferenz eingeladen, bei der die Nutzung der Meere zwischen Meerwesen und Menschen verhandelt werden soll. Dabei erfährt sie einige Diskriminierung, findet aber auch eine neue Freundin.
Diese Geschichte schreibt deutlich Rassismus-Erfahrungen als Speziismus um. Was in der realen Welt gegen real marginalisierte Gruppen gerichtet ist, wird hier gegen Meerwesen und Nymphen gerichtet. Dabei ist es deutlich bemerkbar, dass die Autorin aus eigener Erfahrung schreibt.
Leider ist auch bei dieser Geschichte anzumerken, dass Zeilenumbrüche fehlen, was es gerade in den Dialogen schwer macht, diese nachzuvollziehen.
16. Kein Allheilmittel von Amalia Zeichnerin
Triggerwarnungen: Ableismus/Saneismus, Bipolare Störung, Blut, Diskriminierung, Sex (erwähnt), Suizid, Queerfeindlichkeit
Handlung: Jeanie leidet unter einer bipolaren Störung, wodurch ihre Beziehungen bisher gescheitert sind. Nun lernt sie die Vampira Isobel kennen und verliebt sich in sie.
In dieser Geschichte findet sich eine recht nachvollziehbare Darstellung des Lebens mit einer bipolaren Störung und auch dem Leidensdruck, der darunter entsteht. Außerdem haben wir ein wenig interessanten Weltenbau mit Vampiren, die wie viele andere Wesen auch unter uns leben und deren Existenz nicht geheim ist. Auch interessant, dass die Geschichte gegendert ist – allerdings, was auffällt, nicht komplett durchgehend.
Ein wenig kritisieren muss ich die Geschichte aber doch. In diesem Fall, weil sie leider etwas sehr durch ihre Handlung hetzt. So wird dem Leser keine Chance gegeben, bei einer Szene auch mal zu verweilen.
17. Wünsch mir die Apokalypse von Nora Bendzko
Triggerwarnungen: Ableismus, Emeto, Kampf, internalisierte Queerfeindlichkeit, Rassismus, Sex (erwähnt)
Handlung: Abel hat Liebeskummer, seitdem sein Freund Jake mit Michaela zusammen ist. Da kann er es gerade nicht gebrauchen, dass ein Monster mitten in Köln auftaucht und damit einmal wieder die Erde bedroht.
Definitiv meine liebste Geschichte in der gesamten Sammlung. Der Stil ist super angenehm zu lesen und die Handlung definitiv eine Abwechselung. Schön an der Geschichte ist, dass die Action im Vordergrund steht, aber dennoch die Marginalisierungen vorkommen. Beispielsweise geht die Geschichte auch auf die Folgen von internalisierter Queerfeindlichkeit und auf die Existenz von mehrfach Marginalisierten ein. Also alles in allem eine wirklich tolle Geschichte.
18. Todesduft um Mitternacht von Jenny Cazzola
Triggerwarnungen: Ableismus, Misogynie, Rassismus, Queerfeindlichkeit, Übergriffigkeit
Handlung: Die Vampira Valeria und die junge Samira sind beide zur Nacht in der U-Bahn unterwegs, als Samira von einem Mann belästigt wird.
Auch diese Geschichte war wirklich nicht schlecht. Sie wird abwechselnd aus den Perspektiven der beiden Protagonistinnen erzählt, was am Anfang etwas verwirrend war, bis man begreift, was da gerade passiert. Wie die letzte Geschichte geht auch diese mit der Existenz von Mehrfachmarginalisierungen um, selbst wenn es nicht ganz so elegant gelöst ist, wie in der Geschichte davor.
19. Die Jurte des Todes von Patricia Eckermann
Triggerwarnungen: Beziehungsprobleme, Gewalt, Misogynie, Nationalsozialismus, Rassismus, Tod, Vergewaltigung, Wechseljahre
Handlung: Siggi ist mit ihrer Ehe unglücklich, kämpft sich aber durch. Da taucht ein mysteriöser Mann auf und sagt ihr, dass der Tod sie treffen will.
In dieser Geschichte geht es zentral um rassistische Erfahrungen. Sowohl die rassistischen Erfahrungen der schwarzen Protagonistin, aber auch um die Erfahrungen, die schwarze Menschen in Deutschland im Verlauf der letzten Jahrhunderte erlebt haben. Das macht diese Geschichte gleichzeitig sehr bedrückend, aber auch empowerend.
20. Kreise von David Grade
Triggerwarnungen: Ableismus/Saneismus, Blut, Fäkalien, Covid19- Pandemie, Polizeigewalt, Schizophrenie, Rassismus
Handlung: Ajuns Vater ist selbst als Einwanderer nach Deutschland gekommen. Nun hilft Ajun anderen Geflüchteten über Kreise nach Deutschland zu kommen.
Bei dieser Geschichte weiß ich nicht so ganz, was ich von ihr halten soll. Das Konzept von Kreisen, durch die Menschen reisen können, ist super spannend. Aber die Geschichte war sehr bedrückend von ihrer Atmosphäre her und daher für mich sehr schwer zu lesen. Was das ganze nicht besser gemacht hat, ist, dass diese Geschichte voller Tippfehler ist, die es irgendwie ins fertige Buch geschafft haben. Das hat es alles in allem schwer gemacht, mit der Geschichte warm zu werden.
21. Me Time von Victoria Linnea & Alexander Neumann
Triggerwarnungen: –
Handlung: Mỹ bekommt zu ihrem Geburtstag einen Gutschein für ein mysteriöses Restaurant geschenkt. Sicher ist sie nicht, ob sie dahingehen soll, doch am Ende versucht sie es.
Diese Geschichte geht mehr in Richtung Fabularismus/Magical Realism, als in Richtung Urban Fantasy. Als solche liest sie sich allerdings dennoch sehr angenehm und bietet einen schönen und vor allem sehr positiven Abschluss für die Anthologie. Letzten Endes ist diese Geschichte sehr ermutigend und hat etwas Rührendes an sich.
Fazit
Alles in allem war die Anthologie eine sehr durchmischte Angelegenheit. Es waren einige Geschichten dabei, die wirklich sehr gut waren (hier seien noch einmal „Die letzte Heimkehr“ und „Wünsch mir die Apokalypse“ gesondert genannt, weil ich diese Geschichten wirklich sehr genial fand), aber auch einige weniger gute.
Dabei ist vor allem zu kritisieren, dass leider deutlich bemerkbar war, welche Geschichten Own Voice waren und auf welche Themen auch die Herausgeber*innen der Anthologie sensibilisiert waren und auf welche nicht. Besonders negativ aufgefallen ist dies in Bezug auf trans Repräsentation (es gab nur eine Geschichte und die macht jeden Fehler, den man in dem Bezug machen kann) und auf die Repräsentation indigener Menschen.
Dennoch würde ich alles in allem empfehlen, die Anthologie zu kaufen, wenn ihr euch für Urban Fantasy interessiert und gerne ein wenig intersektionalere Geschichten lesen wollt. Eventuell lohnt es sich allerdings, ein paar der Geschichten zu überspringen.