Solarpunk-Weltenbau: Die Bildung der Zukunft
Das letzte Mal haben wir im Bezug auf die Solarpunk-Welt über die Gesellschaft als Gesamtwerk, aber auch die Familie im speziellen gesprochen. Genau an dieser Stelle setzen wir etwas weitergehend an. Nämlich mit der Kindheit und der Institution, die diese mehr als alles andere bestimmt: Die Schule.
Eine Welt nach Reformen
Wer sich mit dem Thema „Schulreform“ beschäftigt, stellt schnell fest, dass es sehr frustrierend ist. Denn während praktisch seit 100 Jahren dieselben Reformen (mit etwaigen technologischen Updates) vorgeschlagen werden, sind sie bis heute nicht umgesetzt – vollkommen unabhängig davon, dass diese Reformevorschläge ähnliche Kerne haben, die dem Stand der pädagogischen Forschung entsprechen. Doch der Sinn von Solarpunk ist es, sich eine Utopie vorzustellen. Also stellen wir uns eine Welt vor, in der diese Reformen umgesetzt wurden.
Neben einiger Recherche in Richtung der aktuellen Forschung und vergangener Reformationsbewegungen, habe ich zu dem Thema auch Lehrer*innen, Schüler*innen und Student*innen aus gesamt sieben verschiedenen Ländern (Deutschland, Österreich, Schweiz, USA, UK, Hongkong, Griechenland) befragt, um ihre Ideen zu ihrer idealen Schule zu hören. Auch dies ist in diesen Weblog mit eingeflossen.
Um den grundlegenden utopischen Gedankengang beizubehalten, möchte ich daher nicht großartig darauf eingehen, welche Probleme es mit dem aktuellen Problem gibt. Diese Ausarbeitung findet ihr – zusammen mit einer etwas genaueren Aufschlüsselung der Umfragenantworten in einem gesonderten Eintrag.
Bildungssystem neu gedacht
Eine Sache müssen wir allerdings dennoch feststellen, ehe wir auf die verschiedenen Änderungsvorschläge eingehen: Der Grund, warum bisherige Reformvorschläge gescheitert sind, ist Kapitalismus. Auch das ist ein Thema dieser Reihe: Was uns real von einer schöneren Solarpunk-Welt trennt, ist der Kapitalismus. In Sachen Bildungssystem zeigt sich der Kapitalismus vor allem in drei Aspekten: Dem Profitdenken, dem Autoritätsdenken und Verwaltungsdenken.
Profitdenken heißt, das alles in der Bildung am Ende einen Profit ergeben muss. Schulausbildung muss Profit machen, indem die Schüler*innen zu optimalen Arbeiter*innen herangezogen werden, die dann profitbringend in Betrieben eingesetzt werden können. Auch in der Forschung sehen wir dieses Profitdenken häufig – diverse Forschungsprojeke werden nicht finanziell unterstützt, da sie eher geringe Profitaussichten haben. Autoritätsdenken zeigt sich durch die Eigenschaft der Schule, die Schüler*innen kontrollieren zu wollen und ihnen spezifisch auch Autoritätshörigkeit anzuerziehen. Das Verwaltungsdenken zuletzt wird dadurch ausgedrückt, das eine weitere zentrale Aufgabe der Schule es ist, Schüler*innen zu verwalten, spezifisch auch, während ihre Eltern der Arbeit nachgehen.
Daraus können wir ableiten, was spezifisch das Denken sein muss, das diese theoretische Schulreform einer Solarpunk-Zukunft antreiben muss:
- Schule, Bildung und Forschung sind in erster Linie ein Selbstzweck.
- Statt Autoritätshörigkeit soll Kindern selbstbestimmtes Denken und Handeln beigebracht werden, sowie eine Einführung in den demokratischen Prozess.
- Schüler*innen werden als Menschen wahrgenommen, nicht als eine Sache, die verwaltet und betreut werden muss, bzw. sich auf reine Ziffern reduzieren lässt.
Schule als Haus des Lebens und Lernens
Wer sich mit dem Thema Schulreform beschäftigt, wird häufig über eine Formulierung stolpern: „Haus des Lebens und Lernens“ als eine Bezeichnung für die Schule. Dies geht auf den deutschen Philosophen und Pädagogen Rainer Winkel zurück, der sein Buch über die Schulreform mit diesem Untertitel versah. Die grundlegende Idee der Schule als „Haus des Lebens und Lernens“ geht allerdings bereits in die 1920er Jahre zurück.
Was genau beschreibt dieser Begriff aber? Dies ist eigentlich ganz einfach: Schule soll weder eine reine Wissensfabrik sein, noch eine Kinderverwahrung. Stattdessen sollten Schulen ein Ort sein, an dem gerne gelernt wird, aber auch an dem Kinder und Jugendliche sich ausleben und selbst definieren können. Der Lernaspekt sollte dabei selbsterklärend sein.
Unter dem Ausleben und Selbstdefinieren verstehen Winkel und andere Pädagog*innen und Psycholog*innen die üblichen Aspekte des Kinder- und Jugenddarseins. Dazu gehört es zu Spielen, Freundschaften zu schließen und allgemein Beziehungen zu anderen Menschen aufzubauen, sich zu streiten, eigene Interessen zu finden und diesen nachzugehen, aber zum Beispiel auch (wenn man alloromantisch ist) sich vielleicht auch das erste Mal zu verlieben. Für all diese Dinge soll in der Schule Raum sein, sowie erwachsene Menschen, die die Kinder/Jugendlichen dabei betreuen und ihnen bei Bedarf Rat geben können.
Schule ohne Noten
Fangen wir mit der vielleicht wichtigsten Änderung an: Die Schule der Zukunft wird keine Noten mehr haben – jedenfalls wenn wir versuchen eine Utopie zu bauen. Denn die Sache ist: So ziemlich alle vermeintlich positiven Wirkungen, die man den Noten so zuschreiben wurden, konnten in der Forschung widerlegt werden. Dafür wurden eine Menge negative Effekte festgestellt. So sind Noten und der damit verbundene Druck einer der Hauptgründe dafür, warum so viele Kinder Angst vor der Schule haben und daraus resultierend Trauma und teilweise auch andere psychische Krankheiten entwickeln.
Auf der anderen Seite sagen Noten sehr wenig über die Schüler*innen aus. Am Ende sagen sie vor allem aus, wie gut ein*e Schüler*in mit Prüfungssituationen umgehen kann, und gegebenenfalls wie aktiv sich di*er Schüler*in am Unterricht beteiligt. Allerdings kann ein Kind gleichzeitig schüchtern sein und anfällig für Prüfungsangst – was natürlich die Noten verschlechtert.
Davon abgesehen sind Noten letzten Endes sehr abhängig von den Lehrenden. Es gibt einfach keinen vollkommen objektiven Weg Aufsätze zu bewerten, weswegen hier Noten von Lehrkraft zu Lehrkraft weit auseinandergehen können. Aber selbst in Mathematik und ähnlichen Zahlenbasierten Fächern ist es nicht so leicht. Ein Mathelehrer brachte auf YouTube mal folgendes Beispiel: Er hatte bei einer Klausur einen Schüler, der bei einer Aufgabe zwar das richtige Endergebnis hatte, aber mit vollkommen falschem Lösungsweg. Ein anderer Schüler hatte den Lösungsweg, aber sich am Ende verrechnet. Wer sollte jetzt welche Note dafür bekommen?
Kurzum: Noten sagen nichts über das Können eines*r Schüler*in aus, sorgen für unnötigen Druck und sind obendrein auch oftmals noch eng in Verbindung mit Ableismus. Allein schon, um ein faireres Schulsystem zu schaffen, müssen die Noten verschwinden.
Selbstbestimmtes Lernen
Ein anderer Aspekt, bei dem sich viele moderne (lese: 100 Jahre alte) Lehrtheorien einig sind, ist, dass Lernen selbstbestimmter, beziehungsweise demokratischer werden muss. Aber was verbirgt sich dahinter?
Sehen wir uns eine moderne Schule an, so gibt es einen festen Stundenplan mit einer bestimmten Anzahl gleichlanger Stunden in denen Schüler*innen auftauchen müssen. Der Inhalt dieser Stunden wird von einer zentralen Organisation bestimmt. Selbst wenn es eine Auswahl an Fächern gibt, so lassen sich bestimmte Fächer in der Regel nicht abwählen und auch die Auswahl an tatsächlich wählbaren Fächern ist eingeschränkt.
Genau das sähe an einer möglichen Solarpunk-Schule oder allgemein einer Schule nach Schulreform anders aussehen. Während es durchaus noch ein Mindestprogramm gibt, was Schüler*innen ableisten müssen, so haben sie die freie Auswahl, in welcher Reihenfolge sie dies tun. Es werden verschiedene Kurse angeboten – vom Schuleintritt an – die die Kinder selbstbestimmt besuchen können. Diese Kurse haben eine kürzere Länge, als es im aktuellen Schulprogramm (wo alles immer für ein Jahr geht) der Fall ist, so dass der Wechsel zwischen Fächern leichter fällt. Da dieselben Einheiten mehrfach am Tag angeboten werden, ist es Kindern auch freigestellt, wann sie welchen Kurs besuchen und auch wann sie Pause machen.
Auch haben Schüler*innen einen gewissen Einfluss auf die Inhalte von Unterrichtseinheiten. Erneut: Ein gewisses Grundprogramm wird wahrscheinlich verpflichtend bleiben, doch wenn eine Schülergruppe ein größeres Interesse daran hat, in Physik die Planetenbewegungen zu besprechen, wird dies eben zum Thema genommen.
Gibt es einen besonderes Interesse für ein bestimmtes Fach, das vielleicht noch ergänzt werden könnte, so kann es sein, dass sich bemüht wird, dies zur Verfügung zu stellen oder alternativ einem interessierten Kind die Möglichkeit zu bieten, das Fach in einer anderen Schule der Stadt zu besuchen.
Es sei übrigens auch gesagt: Auch der Druck sollte aus der Schule entfernt werden. Wenn ein*e Schüler*in den Stoff bereits in acht Jahren schafft, ist das genau so okay, wie wenn ein*e andere*r Schüler*in 15 Jahre dafür braucht. Auch wenn ein Kind sagt: „Ich schaffe nicht so viele Stunden am Tag und brauche mehr Pausen“ wird das akzeptiert.
Heterogene Lerngruppen
Doch schauen wir uns an, wie „Klassen“ aussehen oder eben auch nicht. Denn die klassische „Klasse“ gibt es nicht länger – wie auch, wenn Kinder und Jugendliche ihren Unterricht selbst wählen können? Stattdessen lernen die Kinder fachabhängig in Kleingruppen von maximal 15 Schüler*innen. Dass diese Gruppen nicht zu groß ausfallen, ist für Lehrkräfte und Schüler*innen wichtig – sonst passiert es schnell, das einzelne Schüler*innen untergehen.
Wichtig ist aber auch, dass diese Lerngruppen heterogen sind. Ein Teil davon ergibt sich automatisch, denn natürlich werden bei mehr Freiheit die Gruppen alterstechnisch durchmischt sein. Während die eine Schülerin sich vielleicht schon vier Kurse Mathematik im ersten Schuljahr vornimmt, schiebt der nächste Mathe noch eine ganze Weile vor sich her – und das ist beides komplett in Ordnung. Entsprechend sind die Kurse in Sachen Alter durchmischt.
Allerdings ist es bei einer Schulreform auch wichtig, darauf zu achten, dass die Schulen und im kleineren auch Kurse heterogen durchmischt sind. Das heißt zum Beispiel, behinderte Schüler*innen nehmen komplett normal am Unterricht teil, aber auch, dass sich bemüht wird, Lerngruppen/Schulen in Bezug auf Geschlechter und auch ethnischer Herkunft soweit wie möglich zu durchmischen. Das dies nicht immer aufgehen wird, wenn die Schüler*innen freie Auswahl haben, ist natürlich klar – doch zumindest eine Mühe dahingehend sollte da sein.
Dies ist wichtig, weil diverse Studien gezeigt haben, dass Schüler*innen von kleinen heterogenen Lerngruppen massiv profitieren und weit effektiver lernen, als es in anderen Konstellationen der Fall ist.
Praktisches Lernen
Ein anderer wichtiger Teil wird sein, dass es auch praktische Unterrichtsfächer gibt. Gerade in Bezug auf Solarpunk ist die übliche Auswahl recht klar: Ein paar Grundkenntnisse in Sachen Bau, Grundkenntnisse für Elektrotechnik, für die Gärtnerei, Nähen und natürlich auch Kochen. Das sind einige sinnvolle Kenntnisse, die niemanden schaden sollten und gerade in einer Gesellschaft, die zentral auf Mutual Aid aufbaut natürlich praktisch ist. Vieles davon sollte nicht unbedingt Pflichtfach sein – doch zumindest das Angebot sollte bestehen.
Auch abseits von diesen Grundlagen sollten Schüler*innen das Angebot bekommen, sich mit bestimmten Sachen praktisch zu beschäftigen – nicht zuletzt auch, weil einige so weitaus besser lernen werden. Dies kann auf sehr unterschiedliche Dinge hinauslaufen. Real kennen wir ja bereits Experimente in der Chemie und die Programmierung in der Informatik, die auch jetzt schon gerne mit Robotereinheiten wie dem Lego Mindstorm gemacht wird. Aber ebenso realistisch wäre es, für Geschichte zu Ausgrabungen zu fahren und dort zu helfen. Oder um ein Beispiel aus einem eher unbekannten Comedy-Film zu borgen: Die Physiker*innen könnten auch versuchen den optimalen Skatepark zu entwerfen. Möglichkeiten das Wissen in verschiedenen Fächern praktisch anzuwenden und dadurch zu vertiefen, gibt es viele.
Wichtig dabei ist auch, den Schüler*innen eine gewisse Freiheit zu geben, wie sie die verschiedenen praktischen Aufgaben angehen – natürlich nur soweit, wie es für sie sicher ist. Doch gerade in der Praxis ist die Möglichkeit eigene Möglichkeiten zu finden, Aufgaben anzugehen, sehr wichtig.
Die Lehrenden und andere Mitarbeitende
Dann gehen wir auf den Lehrkörper und andere Mitarbeitende der Schulen – denn natürlich würde sich auch hier einiges ändern.
Für Lehrende wäre es vor allem so, dass die Einstiegshürden sehr viel niedriger wären und es auch leichter ist aus anderen Berufen in den Lehrberuf zu wechseln. Dies gilt natürlich ohnehin für die Fächer mit einem Praxisbezug. Während es natürlich auch Leute gibt, die in erster Linie den Lehrberuf anstreben, muss dies nicht zwangsläufig so sein. Außerdem ist eine entsprechende pädagogische Ausbildung tatsächlich eine wichtige Basis für Lehrende in einer Solarpunk-Welt.
Durch den stärkeren Anspruch auf praktische Bildungsmöglichkeiten, wird es auch Leute geben, die sich genau auf so etwas spezialisieren. Das kann dadurch sein, dass sie durch Schulen reisen und dort Vorträge für die Schüler*innen halten, sei es, dass sie an entsprechenden Stellen Betreuung anbieten, für Kinder/Jugendliche, die praktische Arbeit ausprobieren wollen. Also Beispielsweise Archäolog*innen, die spezielle Ausgrabungen für Schüler*innen leiten.
Und dann sind da natürlich noch die anderen Leute, die an so einer Schule arbeiten würden. Dazu gehört zum einen, dass allgemein mehr Erwachsene da sind, um als Ansprechpersonen für Kinder zu dienen. Außerdem gibt es da natürlich Jobs, die allgemein zur Schule gehören – bei denen Kinder aber auch bereits schon selbst helfen können, wie bspw. die Hauswirtschaft und Kochen für die Schule. Allerdings ist da auch noch eine Sache, die aktuell an Schulen deutlich zu wenig angeboten wird: Psychologische Betreuung. Auch diese würde an so einer Solarpunk-Schule angeboten werden – und das mit einer besseren Quote als „1 Psychologe auf 800 Schüler*innen“, wie es häufig in der Gegenwart der Fall ist, wenn es überhaupt eine*n Schulpsycholog*in gibt.
Der Ort Schule
Soweit geht es vor allem um Inhalt und Aufbau des Schultags – doch schauen wir uns einen anderen Aspekt an: Den physischen Ort Schule. Wie sieht ein Schulgebäude in einer Solarpunk-Zukunft aus?
Ein paar Sachen sollten in einer Solarpunk-Welt natürlich klar sein: Ein Schulgebäude wird Klimaneutral sein, es wird wahrscheinlich auch recht offen gebaut sein und auch grüne Elemente inkludieren. All diese Sachen sorgen natürlich auch dafür, dass das Gebäude sich positiv auf die Psyche der Menschen auswirkt, die dort hingehen.
Aus den kleineren Gruppen ergibt sich auch, dass es weniger große Klassenzimmer braucht. Diese sollen gemütlicher eingerichtet sein und mehr unterschiedliche Möglichkeiten bieten, sich zu setzen und zu arbeiten – so dass jede*r auf die Art tun kann, die ihm*ihr am angenehmsten ist. Außerdem gibt es natürlich speziell eingerichtete Werkstätten, Küchen und dergleichen, um eben die praktische Arbeiten zu ermöglichen. Ebenso wichtig ist noch ein anderer Aspekt, dass es Ruheräume gibt, die dazu dienen, Schüler*innen einen Rückzugsort zu geben. Genau so könnte es auch Räume geben, die für bestimmte Freizeitaktivitäten vorbereitet sind.
Und natürlich ist da noch der große Aspekt: Das Schulgelände. Denn auch dahingehend ist das Ideal, das sich Solarpunk vorstellt, anders, als das, was wir heute haben. Die ideale Solarpunk-Schule hat ein größeres Schulgelände, das auch einige Grünflächen anbietet. Ein Teil dafür geht natürlich für einen Garten und ein Gewächshaus herauf, das sowohl für die Nahrung der Schüler*innen, als auch zum praktischen Unterricht dient. Auch gibt es auf dem Gelände Möglichkeiten zur Bewegung, als auch um Sport zu betreiben. (Anmerkung dazu: Sportunterricht würde wahrscheinlich durch Wahlmöglichkeiten Sport zu machen ersetzt werden.) Das kann übrigens alles mögliche sein. Ein Skate-Park wäre genau so möglich, wie ein Fußballfeld.
Hybride Modelle
Kommen wir noch zu einem anderen Aspekt: Nicht für alle Menschen wir die physische Schule der beste Ort sein. Selbst mit einem sehr zugänglichen und barrierenarmen Schulsystem, wird es Schüler*innen geben, die sich nicht oder nicht immer wohl dort fühlen werden oder für die es vom Energielevel her zu anstrengend sein wird. Beispielsweise weil sie chronische Krankheiten haben oder behindert sind.
Für diese Schüler*innen ist es wichtig, Alternativen anzubieten. Anders gesagt – wir haben es ja nun in der Pandemie kennen gelernt – ein hybrides Modell. So, dass Unterricht in der Schule, aber auch von Zuhause aus stattfinden kann. Dies als Standard zu implementieren, würde vielen Schüler*innen und später auch Student*innen helfen und weitere Barrieren reduzieren.
Natürlich ist Schule als Ort der Sozialisierung durchaus wichtig – dennoch ist es nicht realistisch, dass alle Schüler*innen immer die Schule besuchen können. Ein weiterer Bonus: Ist ein hybrides Modell der Standard, dann ist gezwungenes Homeschooling durch eine Pandemie leichter umzusetzen.
Universität der Zukunft
Bildung ist allerdings nicht nur Schule. Bildung ist auch Universität – und erweitert auch Ausbildungsberufe. Natürlich würde sich dies auch sehr verändern, allein schon dadurch, dass Noten verschwinden und (zumindest in Bezug auf Deutschland/Österreich) es auch kein getrenntes Schulsystem mit Abitur mehr gibt. Das bedeutet eben kein Abitur mehr als Voraussetzung und auch keinen Numerus Clausus.
Dies klingt natürlich erst einmal fremd: Wären dann bestimmte Studiengänge nicht überlaufen? Nun ja, dahingehend muss ich ein wenig auf den nächsten Beitrag – und den späteren Beitrag zum Thema aufzugreifen: Eine entsprechende Schulreform würde, genau wie auch das Umstellen auf grüne Energien, sehr wahrscheinlich ein Ende des Kapitalismus voraussetzen. Das hieße auch ein Ende der Bezahlstrukturen, wie wir sie aktuell kennen, und des ganzen Arbeitsmotivationssystems. Viele der aktuell überlaufenen Studiengänge sind in erster Linie überlaufen, weil sie mit guten Verdienchancen zusammenhängen – und das würde wegfallen. Nehmen wir dazu, dass die Schule, wie schon gesagt, einen größeren Schwerpunkt auf die persönliche Entwicklung der Schüler*innen legt, so ist durchaus anzunehmen, dass diese sich ausgiebiger auf Studienplätze und Ausbildungsberufe verteilen.
Natürlich würden sich auch an der Universität einige Aspekte fortsetzen, die wir schon bei den Schulen angesprochen haben: Keine Benotungen, weniger Fokus auf Tests und mehr Praxisbezug, mehr Möglichkeiten, sein Studium individuell zu gestalten. Immer geht es am Ende ums Lernen und nicht darum ein Zertifikat zu erwerben, das einen besonders geeignet für eine bestimmte Verdienstklasse erklärt.
Auch andere Dinge gelten: Mehr hybride Modelle, mehr grüne Campi (wobei dahingehend heutige Universitäten sicher besser sind, als heutige Schulen), Rückzugsorte an den Universitäten und ähnliches.
Forschung zum Selbstzweck
An den Universitäten würde sich natürlich noch eine andere Sache massiv ändern, wenn der Kapitalismus wegfällt: Die Finanzierungsstruktur für die Forschung. Denn während aktuell natürlich viel – sehr viel – Forschung bereits durch quasi sozialistische Modelle finanziert wird, also durch Steuern, ist aktuell immer die Frage nach dem Profit ein Teil der Forschung. Anders gesagt: Kann eine Firma, die etwaige Forschungsergebnisse patentiert, damit Geld machen?
Genau das führt aktuell dazu, das bestimmte Forschung weit mehr Geld bekommt, als andere – auch andere, die vielleicht dringender gebraucht wird. Das sehen wir in der Medizin, in der Chemie, in der Informatik, quasi überall. Wir sehen es auch dadurch, dass Studienbereiche, in denen es wenig Profit gibt, wie beispielsweise die Geschichte, oft weniger Förderungen bekommen, gerade weil hier private Förderungen wegfallen.
Dies sollte eben anders sein. Statt profitorientiert zu sein, sollte Forschung in erster Linie dem Selbstzweck dienen. Also der Erweiterung des menschlichen Wissens. Natürlich kann ein gutes Argument sein, dass vor allem Forschung, die wichtig für die Gesellschaft sind, gefördert werden sollten. Doch ja: In erster Linie sollte Forschung dem Selbstzweck dienen. Das würde auch Barrieren abbauen, für Leute, die in ähnlichen Forschungsgebieten arbeiten, zu kooperieren – etwas das aktuell häufig aus dem Profitprinzip nicht stattfindet.
Bildung ist für alle da
Zuletzt ist da natürlich noch die große Sache: Bildung sollte für alle zugänglich sein. Wissen sollte nicht hinter einer Paywall sein. Das heißt: Idealerweise sollten Studien für alle zugänglich sein und nicht in irgendwelchen teuren Magazinen veröffentlicht sein (schlimmstenfalls sogar noch mit einer Gebühr für die Forscher*innen). Nein, das Geld wird nicht benötigt, um das Peer Review zu ermöglichen, denn tatsächlich werden die Peer Reviewer selten bezahlt. Dies und die Kosten für Sachbücher sind einer der offensichtlichsten Punkte, wo aktuell Bildung nicht mehr für die meisten Menschen zugänglich sind.
Genau so sollte Schulbildung halt für alle im gleichen Maß zugänglich sein. Aktuell gibt es überall ähnliche Probleme: Einige Schulen haben mehr Geld, als andere, können daher ihren Schüler*innen mehr bieten. In den USA haben Schulen in reichen Nachbarschaften mehr Geld, als Schulen in armen Nachbarschaften – und Schüler*innen sind gezwungen, die Schulen ihrer Nachbarschaft zu besuchen. In Deutschland ist es nicht ganz so, doch meistens sind Gymnasien hier ebenso besser finanziert, als Haupt- und Realschulen. Um Chancengleichheit zu gewährleisten, sollten alle Schulen gleich sein.
Auch das übliche Problem der Universität sollte nicht länger existieren: Keine Studiengebühren mehr. Dies gilt idealerweise für alle und überall – weltweit. Auch sollten natürlich die versteckten Kosten des Studiums wegfallen. Wie schon gesagt: Sachbücher sollten nicht mehr Unmengen kosten und es sollte gute Möglichkeiten geben, alle Student*innen unterzubringen und zu ernähren.
Dazu sollte natürlich vieles an Inhalten erneut auch über das Internet zur Verfügung gestellt werden. Das Internet sollte ursprünglich genau dafür sorgen. Lasst uns zu diesem ideal zurückfinden!
Fazit
Kurzum: Es gibt an der Schule eine Menge Dinge zu verbessern. Das Gute und gleichzeitig auch das Traurige ist, dass sich Pädagogen alles in allem seit 100 Jahren recht einig sind, wie eine optimale Schule aussehen sollte – abgesehen davon, dass sie technische Fortschritte nicht vorhersehen konnten.
Die wichtigsten Elemente für eine bessere Schule ist, Leistungsdruck herauszunehmen. Denn genau dieser Leistungsdruck sorgt dafür, dass Schule für so viele Schüler*innen eine negative Erfahrung wird. Das heißt: Keine Noten, keine Tests. Idealerweise auch keine Hausaufgaben – Schüler*innen sollten auch Freizeit haben. Schüler*innen sollten die Möglichkeit haben, über ihren Stundenplan selbst zu bestimmen und sich eventuell auch zwischen eher praktischen und eher theoretischen Stunden zu entscheiden. Kinder sind von sich aus neugierig, Kinder wollen von sich aus lernen – die Schule sollte dies unterstützen, statt ihnen diese Freude am Lernen zu nehmen.
Wichtig ist auch, dass Schulen Rückzugsorte für Schüler*innen bieten sollten, sowohl in Form von Ruheräumen, als auch in Form von Grünfläche auf dem Schulgelände. Zweiteres sollte auch Gärten beinhalten.
Ein weiterer zentraler Punkt ist, dass in der Bildung allgemein das Profitmotiv ausgenommen werden sollte. Das bedeutet zum einen, dass allen dieselbe Schulbildung möglich gemacht werden soll, zum anderen auch, dass sämtliche Paywalls der Bildung abgeschafft werden sollen. Das heißt: Jeder sollte auf Studien zugreifen können, allgemein sollte Schul- und Universitätswissen über das Internet zur Verfügung gestellt werden, keine Studiengebühren und gute Möglichkeiten für Unterbringung und Ernährung für Student*innen.
Schule kann besser gehen. Schule kann ohne Angst gehen. Wir wissen schon lange, wie. Wir müssen es nur umsetzen.
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