Queeres Review: Run away with me, Girl!

Dieses Jahr wird es nicht nur Rezensionen zu Urban Fantasy und Solarpunk Büchern geben, sondern auch zu queeren Comics und Manga. Diese werden etwas kürzer ausfallen – aber ich hoffe, ich kann dem ein oder anderen etwas schönes damit ans Herz legen. Den Anfang macht: Run Away With Me, Girl! von battan.

Worum es geht

Maki besuchte in der Oberstufe eine reine Mädchenschule. So manch ein Teenager hätte das vielleicht frustrierend gefunden, aber nicht Maki. Denn an dieser Schule lernte sie Midori kennen. Schon zu Beginn ihrer Zeit an der Oberschule, begannen die beiden heimlich zu daten. Für Maki war es die große Liebe, doch als ihre Zeit an der Oberschule endete, machte Midori Schluss. Immerhin müssen sie jetzt erwachsen werden, sagte sie.

Zehn Jahre später arbeitet Maki an ihrem Masterabschluss und ist noch immer nicht über Midori hinweg. Wie es der Zufall so will besucht da auf einmal Midori die Augenarztpraxis, in der Maki jobt und die beiden treffen aufeinander. All die Gefühle von früher sind wieder da – und scheinbar nicht nur einseitig.

Allerdings gibt es da ein Problem: Midori steht kurz vor der Heirat, denn sie ist schwanger.

Erwachsenes Girls Love

Run Away With Me, Girl ist eine angenehme Abwechselung im Girls Love Genre. Denn während im Genre sehr häufig Geschichten von Schulmädchen im Vordergrund stehen, beschäftigt sich dieser Manga tatsächlich mit erwachsenen Frauen, die bereits arbeiten und erwachsene Probleme haben.

Dies sorgt natürlich auch dafür, dass es ein wenig vom zuckrig süßen Status Quo des Genre abweicht. Denn ja, hier gibt es einige ernsthafte Probleme. Es gibt einen Freund/Verlobten, der Midori misshandelt, und auch die Queerfeindlichkeit der Gesellschaft wird angesprochen. Vor allem aber spielt internalisierte Queerfeindlichkeit eine große Rolle in der Geschichte.

Das heißt natürlich nicht, dass der Manga nicht trotzdem auch eine ganze Reihe zuckersüßer Momente zu bieten hat, während sich Midori und Maki langsam wieder näher kommen.

Einfache Zeichnungen

Für einen Shojo, beziehungsweise Yosei Manga, sind die Zeichnungen in Run Away With Me, Girl sehr einfach gehalten. Weder in den Figurendesigns, noch in den Hintergründen finden sich übermäßig viele Details, wie man sie in dem Genre üblicherweise findet. Stattdessen wird sich meistens nur auf das wesentliche beschränkt.

Auch Rasterfolie kommt im Vergleich zu anderen Manga des Genre eher wenig zum Einsatz, wird häufig nur verwendet, um in Hintergründen Dinge anzudeuten.

Die Figuren sind ebenfalls sehr simpel gestaltet, sind allerdings sehr ausdrucksstark und haben vor allem auch sehr individuelle Gesichter. Das hilft, die einzelnen Charaktere besser zur Geltung zu bringen. Auch die Emotionen lassen sich gut an den Gesichtern ablesen, werden dabei natürlich, wie für das Medium üblich, teilweise stark überzeichnet.

Lesben in Japan

Der Manga greift ein Thema auf, dass in der japanischen LGBTQ* Szene und speziell unter Lesben sehr verbreitet ist. Während queere Beziehungen unter Highschoolern in der Regel akzeptiert werden, ist es eben nur zu dieser Zeit. Dies gilt besonders für Mädchen. Sind sie noch Schülerinnen wird es in Japan akzeptiert, dass sie eine Beziehung untereinander erproben – aber eben nicht länger.

Sobald Schülerinnen aus der Schule sind, wird von ihnen erwartet, dass sie ihre gesellschaftliche Aufgabe übernehmen. Im weiterhin stark konservativen Japan heißt dies: Heiraten und Kinder bekommen. Selbst, dass Frauen im Erwachsenenalter arbeiten ist bis heute noch immer relativ untypisch – nur knapp 50% aller Frauen in Japan arbeiten.

Entsprechend ist leider auch weiterhin die Erwartung, dass etwaige Queerness und insbesondere weibliche Queerness mit dem Eintreten ins Erwachsenenalter aufgegeben wird. Das dies nicht funktioniert ist die Geschichte des Manga.

Fazit

Run Away With Me, Girl ist ein sehr schöner Girls Love Manga, der das Genre aus einer erwachsenen Perspektive betrachtet. Statt um eine unschuldige erste Liebe, geht es hier um die Gefühle für Erwachsenen und die Konfrontation mit gesellschaftlichen Idealen, die nicht erfüllt werden können.

Der Manga ist in Japan ursprünglich in vier Bänden erschienen, in Deutschland allerdings stattdessen in zwei dicken Sammelbänden. Finanziell macht es allerdings keinen wirklichen Unterschied, da die beiden Bände zu jeweils 12€ von Hayabusa verkauft werden. Ein wenig schade ist es, dass die deutsche Übersetzung japanische Honorifixe durch „Herr“ und „Frau“ ersetzt, so dass einiger Subtext in dieser Richtung verloren geht.

Auf jeden Fall ein schöner Manga, den ich jedem empfehlen kann.

CNs für den Manga: Sex, Beziehungsgewalt, Gaslighting, internalisierte Queerfeindlichkeit