Kurzgeschichte: Ein Katzenleben
Oh je, aktuell bin ich echt ein wenig durch den Wind. Noch einen Geburtstag vergessen. Ach je. Ich hatte mir den 30. Mai aufgeschrieben, aber F.B. Knauder hatte tatsächlich schon am 26. Geburtstag. Es tut mir leid. So kommt dann heute die Kurzgeschichte. Gewünscht wurde sich: Eine Solarpunk-Geschichte aus Sicht einer Katze.
Tags: Slice of Life, Fluff, Katzen, Solarpunk
CNs: Keine
Ein Katzenleben
Eine Berührung an seinem Hals ließ Felix erwachen. Missmutig blinzelte er, erkannte einen seiner Menschen. Dieser sagte etwas in seiner komischen Menschensprache, während er Felix‘ Hals kraulte. Gemeinheit, hatte Felix doch gerade so gut geschlafen. Immerhin war er ein absoluter Meister im Schlafen, das konnte er viel besser als die Menschen, die dafür immer ihre großen Korbe benötigten.
Felix reckte sich und streckte sich und ließ ein weites Gähnen hören. Wenn sein Mensch schon wach war – es war gerade Vormittag – dann konnte es auch Futter für ihn geben. Also streifte er die Hand des Menschen ab und sprang auf den Boden. Dem Menschen warf er einen Blick zu und marschierte dann schnurstracks in seine Futterecke.
Auffordernd schaute er von dort zu seinem Menschen.
Es war schon unfair. Andere Katzen, die er kannte, hatten Futternäpfe, die sich von alleine füllten. Er war immer darauf angewiesen, dass seine Menschen diese Aufgabe übernahmen. Eine absolute Gemeinheit. Das hieß, er musste immer auf sie warten, damit er fressen konnte – und Fressen gab es nur zwei Mal am Tag.
Der Mensch machte das Geräusch, das er immer machte, wenn er amüsiert war. Er sagte etwas zu dem anderen Menschen im Raum und nun kam von beiden das Geräusch.
Unverschämtheit. „Ich habe Hunger“, sagte Felix in der Sprache, die die Menschen verstanden. Er sah sie auffordernd an.
Einer der Menschen kam herüber und streckte sich zum magischen Schrank hinauf, aus dem immer das Futter herauskam. Felix hatte schon oft versucht, diesen Schrank zu öffnen, aber er öffnete sich nur für die Menschen.
Dennoch kam aus dem Schrank heraus, worauf Felix wartete. Es war ein großes Glas, in dem das leckere Fleisch eingelegt war. Das war das gute Futter.
„Jetzt beeil dich“, sagte er.
Der Mensch bückte sich zu ihm hinüber, nahm einen Löffel und füllte den Futternapf. Mit viel zu wenig Futter, wenn man Felix fragte. Immerhin wollte er Vorräte anlegen, für die Zeit, in der die Menschen mal nicht da waren. So eine Zeit konnte immer kommen.
Da öffnete sich eine Zimmertür und Felix‘ kleiner Mensch kam aus dem Zimmer heraus, in das Felix nicht immer durfte.
Auch dieser Mensch sagte etwas, und Felix hörte seinen Namen. Der kleine Mensch setzte sich zu ihm und strich ihm ungeschickt durchs Fell. Das machte der kleine Mensch oft. Dabei war er oft nicht vorsichtig genug. Dennoch mochte Felix den kleinen Menschen, denn wenn dieser Felix das Futter gab, war es immer mehr, als bei den beiden großen Menschen.
Jetzt aber hatte Felix keine Zeit für den kleinen Menschen. Jetzt fraß er. Dabei hörte er schon, dass die Menschen wohl dasselbe planten. Sie holten ihre Futternäpfe aus einem anderen Schrank und füllten sie schon bald. Das Essen, was sie aßen, mochte Felix nicht. Es beinhaltete nur selten Fleisch.
Weit vor den Menschen hatte Felix seinen Napf geleert. Er streckte sich. Zeit für ein weiteres Nickerchen. Also marschierte er zu seiner Wand zurück, an der es so viele gute Möglichkeiten zu schlafen gab. Geschickt hopste er von einer Stufe zur anderen. Dieses Mal nahm er den Posten ganz oben im Zimmer ein. Dort würde er auch nicht wieder von den Menschen geweckt werden. Hier war so ein wunderbarer Korb, in dem Felix so richtig versinken konnte. Dies tat er auch. Ein paar Mal drehte er sich, um die optimale Position zu finden, ehe er gähnte, eine Pfote nach vorne streckte und noch einmal zu den Menschen hinabblinzelte, die weiter ihr Futter fraßen.
Nur am Rande nahm Felix wahr, wie die Menschen einer nach dem anderen gingen. Das machten sie fast jedem Tag. Dann verschwanden sie einfach und blieben für eine Weile verschwunden. Der eine Mensch roch immer nach Erde, wenn er wiederkam. Der andere große Mensch nach etwas, das Felix nicht kannte. Dieser Mensch blieb aber manchmal auch Zuhause und saß dann auf einem der kleineren Menschenkörbe mit so einer magischen Box auf dem Schoß und machte etwas damit, das Felix nicht verstand. Das mochte Felix, denn dann konnte er sich neben den Menschen legen und wurde ab und an gekrault.
Manchmal waren die Menschen ein Rätsel für ihn. Er wusste sehr wenig darüber, was sie eigentlich so machten. Sie wirkten immer so geschäftig – etwas, das Felix als außerordentlich anstrengend vorkam.
Eine ganze Weile, nachdem die Menschen gegangen waren, erwachte Felix schließlich erneut. Er krümmte seinen Rücken, streckte sich dann und entstieg seinem Korb. Jetzt fühlte er sich halbwegs ausgeschlafen. Die Menschen waren weg, das hieß, er konnte frei seinem Leben nachgehen.
Er sprang zur nächsten Stufe, dann zur nächsten und dann auf den Boden. Ein wenig Durst hatte er schon, weswegen er etwas trank. Außerdem fühlte er sich dreckig – ein Zustand, der nicht anhalten durfte. So trank er zuerst, sprang dann auf den Korb vor der magischen Box und begann dort sich ordentlich zu putzen.
Dabei dachte er darüber nach, was er sonst mit dem Tag machen konnte. Vielleicht sollte er bei Luna vorbeischauen. Dort bekam er vielleicht auch ein wenig Essen. Das war eine gute Idee, fand er, nur wollte er sich nicht beim Putzen unterbrechen lassen. Also fuhr er damit vor. Erst den Bauch, dann die Beine, dann die Pfoten, dann der Kopf. Dann fühlte er sich halbwegs sauber. Wie die Menschen so einen Tag überstanden, ohne sich zu putzen, war ihm ein Rätsel.
Noch einmal streckte er sich, huschte dann zur Tür. Darin war eine kleine Klappe, die extra für ihn war. Ganz viele Menschen in Felix‘ Welt hatten solche Klappen an der Tür, aber nicht alle öffneten diese. Eigentlich gemein. Immerhin lebten sie hier nur.
Stieg man durch die Klappe, kam man in einen langen, hellen Gang. An dessen Seite konnte man runter in die Welt draußen sehen. Felix wusste, dass das die Welt war, in die die Menschen am Tag gingen. Aber was es dort gab, wusste er nicht. Na ja, fast nicht. Ganz selten nahmen ihn seine Menschen raus. Dann packten sie ihn in eine viel zu kleine Box und nahmen ihn zu einem anderen Menschen. Diesen anderen Menschen mochte Felix wirklich nicht, denn er hatte immer spitze Dinge, die in Felix reinstecken wollte. Furchtbar! Wahrscheinlich war das eine Art Strafe für irgendetwas, das Felix machte. Doch für was, das verstand er nicht.
Den hellen Gang hinab schnüffelte er. Hier waren auch andere Tiere im Haus. Diese erkannte Felix lange schon beim Geruch. Schließlich erkannte er den Geruch von Luna, bog nach Links ab und fand Lunas Klappe. Er stieß diese mit dem Kopf an und ging so in Lunas Reich hinein.
„Luna?“, fragte er in der Sprache, die die Menschen nicht verstanden. „Bist du wach?“
Auch Luna hatte eine Wand wie die seine. Nicht ganz wie seine, aber sehr ähnlich. Allerdings lag sie nicht auf dieser, sondern auf dem Menschenkorb. Zusammen mit Max, Lunas Bruder, den Felix allerdings weniger mochte. Max wollte ständig alles machen, was er auch machen wollte. Vollkommen unheimlich.
Felix sprang auf den Menschenkorb und stupste Luna mit dem Kopf an. „Hey. Hey, Luna.“
Luna blinzelte ihn an. Statt ihn zu begrüßen packte sie ihn auf einmal mit beiden Vorderpfoten und zog ihn spielerisch zu sich. Seicht biss sie in sein Fell. „Hallo, Felix.“
Das weckte nun auch Max. „Felix!“
Natürlich musste das so passieren. Felix ignorierte das andere Tier und befreite sich aus Lunas Griff. „Deine Menschen sind auch gegangen, ja?“
„Ja, meine Menschen sind fort.“
Lunas Menschen waren anders als Felix‘ Menschen. Von ihnen gab es gleich drei große und dafür gar keinen kleinen Menschen.
„Dann lass uns was machen! Lass uns laufen! Lass uns spielen!“, sagte Felix.
„Oh! Ich weiß! Ich weiß!“ Auf einmal war Max auf allen vier Pfoten. „Wir könnten auf das Dach gehen und auf Bäume klettern!“
Genau das meinte Felix. Es war gruselig. Genau das war sein Gedanke gewesen, als er hierhergekommen war. Nach oben gehen, wo die Bäume wuchsen, und darauf klettern. Es war der einzige Ort außerhalb ihrer Welt, den sie betreten konnten. Denn unten wurde der Ausgang von einer magischen Tür bewacht, die nur Menschen und die lauten Vierbeiner in der Begleitung von Menschen durchließ. Für Katzen wie sie blieb die Tür jedoch geschlossen. Das hatte Felix schon mehrfach probiert. Sogar, wenn er versuchte mit einem Menschen zusammen rauszugehen öffnete sie sich nicht.
Luna streckte sich. „Ich habe gerade so gut geschlafen!“
Nachdenklich sah Felix sie an. Technisch gesehen konnte er auch ein weiteres Schläfchen gebrauchen. Max dagegen war jedoch sehr angetan von der Idee. „Lass uns rausgehen! Lass und raus! Raus!“ Schon sprang er auf den Boden und sah die anderen beiden von da an.
Luna gähnte.
„Du kannst draußen in der Sonne schlafen!“, meinte Max.
Dies ließ Luna überlegen. Schließlich streckte sie sich. „Du hast recht!“, stimmte sie zu. „Ja. Draußen scheint Sonne. Gehen wir raus.“
„Raus!“, rief Max und rannte aus dem Zimmer heraus.
Felix beobachtete dieses Schauspiel herablassend. „Er ist wirklich zu … alles.“
Luna antwortete nicht, sprang stattdessen zu Boden und machte sich langsam daran ihrem Bruder zu folgen. Nun, Bruder stimmte nicht ganz. Luna und Max waren von verschiedenen Eltern. Aber ihre Menschen hatten sie geholt, als sie noch sehr klein waren. Seither lebten sie hier zusammen. Auch wenn sie sowohl charakterlich, als auch vom Aussehen her sehr anders waren. Luna hat ein wunderschönes, seidiges schwarzes Fell und eine kleine Statur. Max war dagegen groß gewachsen und hatte orange gestreiftes Fell.
Nun folgte Felix auch Luna, konnte aber nicht drum herum noch einmal zum magischen Futternapf der beiden zu gehen, der sich von alleine füllte. Dieser gab nur jenes trockene Futter, das man gut kaufen musste, aus, aber das war besser als nichts.
Zu dritt gingen die drei kurz darauf den langen Gang entlang und kletterten kurz darauf die vielen Stufen hoch, die zum Dach hinaufführten. Dieselben Stufen führten auch nach unten, aber dort wollten sie nicht hin. Für die Menschen gab es auch einen magischen Raum, der sie von oben nach unten und unten nach oben brachte. Doch was auch immer für eine Zauberei diesen funktionieren ließ, hatte Felix nicht verstanden. Das war anders als die Zauberbox mit den bewegten Bildern. Für diese gab es einen Knopf. Aber der magische Raum blieb ein Geheimnis für ihn.
Auch oben im Treppenhaus gab es eine Klappe für die Tiere, die im Haus lebten. Während Max voller Begeisterung hindurchsprang, folgten Luna und Felix wesentlich kontrollierter.
Auf dem Dach ihrer Welt gab es einen Wald. Zumindest glaubte Felix, dass es ein Wald war. Denn eine andere Katze, die einmal hier gelebt hatte, hatte ihm davon erzählt. Ein Wald war ein Ort mit vielen Bäumen. Hier gab es auch viele Bäume. Wenigstens zehn! Dazwischen auch einige Büsche, in denen man sich wunderbar verstecken konnte.
Kaum, dass er auf dem Dach war, kletterte Max schon den ersten Baum hinauf und legte sich auf einen Ast des erstbesten Baumes. Felix wollte nicht den erst besten nehmen. Er kannte seinen Baum und seinen Ast. Außerdem wollte er nicht liegen, er wollte klettern.
Luna hatte ganz andere Prioritäten. Sie suchte sich ein Platz abseits der Bäume, wo die Sonne gut hinschien und legte sich hin. Einige Male streckte sie sich, dann rollte sie sich auf den Rücken und ließ sich von der Sonne bestrahlen.
Schon wollte Felix klettern gehen, als er auf die komischen Stimmen der Menschen aufmerksam wurde. Sie redeten in ihrer seltsamen Sprache. Aber nicht ihrer normalen Sprache sondern jener, die sie immer nutzten, um mit Tieren zu sprechen. Felix kannte den Tonfall.
Er sah sich um und schnüffelte. Da waren die Menschen. Es waren zwei, die er noch nie gerochen hatte. In ihm gab es zwei Geister. Der eine wollte sich verstecken, der andere wollte es erforschen.
Da roch er allerdings noch etwas anderes. Katze. Die beiden waren bereits von einer Katze, die er ebenfalls noch nicht gerochen hatte, markiert worden. Das konnte er so nicht stehen lassen. Alle Menschen, die in dieser Welt lebten, mussten auch von ihm markiert werden.
Also ging er zu ihnen hinüber. Schon war da eine Menschenpranke, die sich zu ihm ausstreckte und durch sein Fell fuhr. Der Mensch schien angetan zu sein. Das waren sie oft, wenn sie ihn streicheln konnten. Er musste damit leben, dass er sich später würde säubern müssen. So presste er seine Wange gegen das Bein des ersten Menschen, um ihn zu markieren. So ging er einmal um den ganzen Menschen herum, denn diese Dinge musste man schon deutlich machen.
Der andere Mensch hatte sich derweil gebückt und wollte auch Aufmerksamkeit. Natürlich war Felix bereit diese zu geben, denn auch dieser Mensch musste markiert werden. Erneut dasselbe Spiel: Wange, Bein, selbst wenn man dabei die Pranken ertragen musste.
Die einzigen Menschen, deren Berührung Felix mochte, waren seine großen Menschen.
Er brauchte nicht lange, um diese neuen Menschen zu markieren. Das reichte ihm auch erst einmal an Interaktion mit diesen. Also stellte er seinen Schwanz auf und marschierte in Richtung der Bäume davon.
Luna hatte es derweil nicht so leicht. Denn die neuen Menschen hatten auch sie entdeckt. Sie war eigentlich nur dabei, sich zu sonnen, als einer der neuen Menschen meinte, einfach ihren Bauch streicheln zu können. Doch Luna ließ sich das nicht gefallen. Sofort war sie auf den Beinen und fauchte die Menschen an – eine andere Sprache verstanden diese ja nicht. Dann wandte sie sich ab und rannte schnell zu den Büschen hinüber, sich zwischen diesen zu verstecken.
„Menschen …“, murmelte Felix.
„Menschen“, erwiderte auch Luna aus dem Dickicht heraus.
Es war wieder ein guter Tag gewesen, beschloss Felix, als er schließlich in sein Gefilde zurückkehrte. Sie hatten ein wenig gekleckert und sich eine lange Weile gesonnt. Zum Glück waren die neuen Menschen irgendwann gegangen und hatten ihnen dafür die Zeit gelassen. Das hatte den Tag angenehmer gemacht.
Jetzt ging er durch seine Klappe und roch, dass wenigstens sein kleiner Mensch wieder zurückgekehrt war.
Kurz überlegte er, ob er dem kleinen Menschen Gesellschaft leisten sollte. Der Nachteil wäre, dass der kleine Mensch ihn wieder die ganze Zeit anfassen wollte und dabei sehr unvorsichtig war. Der Vorteil aber wäre, dass der kleine Mensch ihn dafür vielleicht später füttern würde. Und das war eine schöne Aussicht, fand Felix.
Ja, wieso eigentlich nicht. Sein Fell war noch immer schön warm von der Sonne.
So stieß er die Tür zum Raum des kleinen Menschen auf und schlich hinein. Der kleine Mensch saß auf seinem Korb und machte diese komischen Handbewegungen, die er immer wieder machte, wenn er dieses komische Ding auf seiner Menschennase hatte. Felix verstand es nicht. Dennoch sprang er auf den Menschenkorb und stieß mit dem Kopf gegen die Seite des kleinen Menschen. Dieser hielt in seinen Bewegungen inne und wandte sich ihm zu.
Was er sagte, verstand Felix nicht. Nur seinen eigenen Namen erkannte er.
Felix rollte sich zusammen, den Kopf noch immer gegen die Seite des kleinen Menschen gelegt. Eigentlich war er müde und vielleicht wäre es an der Zeit zu schlafen, bis die großen Menschen wiederkehrten.
Er gähnte und streckte seine Vorderpfoten dabei über den kleinen Menschen. Dann schloss er die Augen und entglitt in einen ruhigen Schlaf, in dem er von der Begegnung mit einer seltsamen, neuen Katze träumte …
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