Diverse Romantik

Es ist Februar. Vor zwei Tagen war Valentinstag. An dieser Stelle ist es in meinem Blog Tradition in irgendeiner Form über Romantik zu sprechen. Deswegen lasst uns heute über Romantik mit Diversität sprechen.

Romantik, Romantik

Romantik. Es ist eins der erfolgreichsten Genre, spezifisch auf dem Buchmarkt. Als Fantasy-Autor*in kann man nur von den Umsätzen und Verkaufszahlen träumen, die viele Romantik-Bücher verbuchen können. Davon abgesehen sind Romanzen häufig auch ein wichtiger Anteil in anderen Geschichten – so viele Filme, Serien und auch Bücher andere Genre haben romantische Subplots.

Nun spreche ich hier im Weblog häufig über Diversität – also wäre es jetzt im Februar, so kurz nach dem Valentinstag – einmal angemessen über Diversität im Romance-Genre zu sprechen. Denn natürlich gibt es auch hier Diversität, aber auch Probleme mit eben dieser. Deswegen möchte ich über verschiedene Aspekte der Diversität sprechen und wie man diese in der Romantik darstellen könnte.

Es sei an dieser Stelle dazu gesagt: Ich lese eher selten Romantik. Halt eben auch, weil mir genau ein Teil dieser Aspekte im Genre fehlt. Allerdings habe ich sehr viel Erfahrungen mit romantischen Subplots, die es in meinen eigenen Büchern – und vielen Büchern, die ich selbst lese – zu Genüge gibt.

Gleichgeschlechtlichen Romantik

Fangen wir mit queeren Romanzen an, spezifisch in geschlechtlichen Romanzen an. Ich schreibe hier spezifisch gleichgeschlechtliche Romanzen, statt homosexueller Romanzen, weil auch bi- und pansexuelle Menschen in gleichgeschlechtlichen Partnerschaften sein können – ja, manchmal passiert es sogar, dass heterosexuelle Menschen in gleichgeschlechtlichen Partnerschaften landen.

Hier dominiert natürlich das MLM/Gay Romance Subgenre, das Partnerschaften zwischen zwei Männern beinhaltet. Genau um dieses Subgenre gibt es zugegebenermaßen immer wieder Konflikt – da nicht unerhebliche Teile des Genre von Frauen für Frauen geschrieben werden und das durchaus etwas ist, was kritisiert werden kann. Gleichzeitig ist es dennoch auch sehr wichtig für verschiedene queere Menschen, ihre eigene Identität für sich zu entdecken. Dennoch ist es definitiv ein wertvolles Gespräch über Gay Romance von männlichen Autoren zu sprechen.

WLW/Lesbian Romance ist im Vergleich noch relativ klein und hat erst in den letzten Jahren einen Aufschwung erlebt. Dieses beschreibt natürlich die Beziehungen zwischen zwei Frauen. Dabei wird auch dieses Genre tatsächlich meistens von Frauen geschrieben, was dem ganzen natürlich eine andere Perspektive gibt.

Ich habe an dieser Stelle eine Liste von Gay Romances und Lesbian Romances für euch.

Romantik mit trans* Partner*innen

Zu queeren Romanzen gelten natürlich auch Romanzen mit trans* Personen. Dieses Genre ist noch klein, immerhin werden trans* Themen erst seit einigen Jahren weitgehend besprochen. Entsprechend zeigt sich auch dahingehend erst in den letzten Jahren eine Tendenz in dem Romance-Genre, dies zu inkludieren.

Natürlich ist dabei ein Problem, dass auch hier viele Geschichten nicht von trans Personen geschrieben werden. Das führt dazu, dass es in vielen dieser Geschichten einige übliche Probleme gibt: Deadnaming und Misgendering taucht immer wieder auf, das Coming Out wird problematisiert und ähnliche Themen, die für trans Menschen eher unangenehm sind.

Allerdings sind neustens auch Romanzen, die von trans Personen geschrieben sind und auch ihre eigene Identität beinhalten, häufiger. Dadurch entwickelt sich allgemein ein besseres Verständnis für diese Perspektive.

Was leider noch fehlt, sind Romanzen mit nicht-binären trans Menschen. Davon gibt es soweit noch eher wenig.

Auch hier gibt eine Liste mit Romanzen, wo ein*e Partner*in trans oder nicht-binär ist.

Asexuelle Romantik

Kommen wir zu etwas, das eigentlich schon länger besprochen wird, allerdings noch immer seltener ist: Asexuelle Romanzen. Denn tatsächlich ist es im Romance-Genre häufig so, dass Erotik gerne eine Rolle spielt – selbst, wenn sie nicht im Zentrum steht. Häufig läuft es eben doch auf das erste Mal zwischen den Partner*innen heraus.

Aber natürlich haben auch einige asexuelle Menschen romantische Beziehungen – einige von ihnen haben sogar Sex und können daran Spaß haben. Entsprechend ist es schade, dass wir davon soweit eher wenig sehen. Gerade weil Asexualität soweit eine sehr unterrepräsentierte sexuelle Orientierung ist.

Dennoch gibt es ein paar Romance-Bücher mit asexuellen Protagonist*innen.

Aromantische Romantik

Okay, kommen wir zu einem Thema, das beinahe komplett übergangen wird, da es beinahe komplett gegensätzlich wirkt: Aromantische Romantik. Wie soll das gehen? Aromantische Menschen haben doch kein Interesse an romantischen Beziehungen – wie können sie dann eine Romanze erleben.

An dieser Stelle möchte ich eben meine eigene Erfahrung einbringen: Ich bin aromantisch – und ich war in mehreren Beziehungen. Das ist bei mir halt nicht mit Schmetterlingen im Bauch und dergleichen Verbunden, aber eine Beziehung kann ich halt dennoch halten. Diese Beziehungen sind dann halt eher queerplatonisch – doch warum könnten wir nicht queerplatonische Romanzen haben?

Hier muss ich leider mit einer Liste passen, denn gefunden habe ich dahingehend nichts, was wohl viel darüber aussagt, wie wenig es geschrieben wird. Ich möchte allerdings darauf aufmerksam machen, dass sich im Verlauf meiner Webserie Mosaik eine queerplatonische Beziehung entwickelt.

Nicht-monogame & polyamore Romanzen

Auch beinahe antithetisch gegenüber etablierten Tropes der Romantik-Genre ist die nicht-monogame oder polyamore Romanze. Denn tatsächlich baut viel klassische Romantik auf das Happily Ever After auf, in dem eine Romanze von zwei Personen für immer festgelegt wird – ganz, wie wir es aus den Märchen kennen.

Allerdings haben natürlich auch nicht-monogame und polyamore Menschen Romanzen. Beispiele dafür wären Romanzen, wo ein Partner vorher bereits in einer Beziehung ist und diese auch gar nicht aufgeben möchte und dies tatsächlich vernünftig bewältigt wird. Aber es kann natürlich eben auch sein, dass jemand aus einem Polykül jemand neues kennenlernt und sich eine Romanze entwickelt oder sich sogar eine Romanze zwischen drei oder mehr Leuten auf einmal entwickelt. Oder natürlich auch, dass ein Love-Triangle mit einem Polykül aufgeklärt wird.

Zumindest ein paar Bücher kennt Good Reads dazu.

BI_PoC Romantik

Was sich in der US-amerikanischen Romantik tatsächlich viel findet, sind Romanzen zwischen BI_PoC Figuren. Immerhin gibt es in den USA viele Menschen, die nicht weiß sind und die über ihren eigenen Erfahrungen schreiben und auch Romanzen lesen möchten, die Menschen darstellen, die ihre Erfahrungen teilen.

Es sei allerdings auch hier wieder kritisch angemerkt, dass auch der US-amerikanische Romanzen-Markt und spezifisch die Community um diese herum, immer wieder Probleme mit Rassismus haben. Diese zeigt sich dadurch, dass BI_PoC Autor*innen weniger Verträge bekommen, dass weniger Verleger*innen BI_PoC sind, dass BI_PoC Autor*innen schlechtere Chancen bei Awards des Genres hatten, aber auch darin, dass halt weiße Autor*innen immer wieder rassistische Stereotypen in ihren Büchern replizieren oder BI_PoC fetischisieren. Es ist also dennoch ein Aspekt des Marktes, der definitiv noch Arbeit braucht.

Doch obwohl es hier eigentlich einiges gibt – eine Goodreads Liste konnte ich nicht finden. Nehmt daher diesen Blogpost.

Multikulturelle Romanzen

Komplizierter wird das Ganze, wenn wir auf einen spezifischen Aspekt eingehen: Multikulturelle Romanzen. Das heißt Romanzen, in denen sich Menschen aus verschiedenen Kulturkreisen ineinander verlieben und durch diese entstehende Romanze die verschiedenen Kulturen aufeinandertreffen.

Die Sache ist: Diese Variation gibt es tatsächlich wenig, beziehungsweise nur in einem bestimmten Szenario. Denn es gibt einige Romanzen, die auf Beziehungen zwischen einer weißen und einer Schwarzen Figur eingehen, etwas seltener zwischen einer weißen und einer hispanischen Figur. Dies geht allerdings mit einer Vielzahl von kritischen Tropes einher – und auch hier haben wir wieder häufig weiße Autor*innen, die fetischisierende Darstellungen nutzen.

Was wenig Beachtung findet, sind Romanzen zwischen verschiedenen BI_PoC Menschen – oder auch von Menschen derselben Gruppe. Es wäre tatsächlich möglich, multikulturelle weiße Beziehungen zu haben, denn auch weiße Menschen kommen aus unterschiedlichen Kulturen. Dies gilt umso mehr für BI_PoC. Beispielsweise stellt das Buch Crazy Rich Asians unter anderem das Treffen von einer sehr amerikanisierten Chinese American und der Familie ihres Freundes, die sehr traditionell sind, dar.

Auch hierzu gibt es eine Goodreads Liste.

Romantik mit Behinderten

Eine andere Gruppe, die in keinem Genre so richtig viel Repräsentation erfährt, sind behinderte und chronisch kranke Menschen. Denn Behinderungen sind weiterhin ein Thema, das häufig verunsichtbart wird. Das ist leider ein dauerhaftes Problem, das wir natürlich eben auch in dem Genre der Romantik sehen.

Das hängt vor allem damit zusammen, das behinderte Menschen in der gesellschaftlichen Wahrnehmung häufig als Kinder wahrgenommen werden, weil manche von ihnen halt auf Unterstützung angewiesen sind. Menschen mit bestimmten Behinderungen oder chronischen Krankheiten werden sogar als ekelig wahrgenommen – umso mehr, wenn sie bspw. Probleme mit Inkontinenz haben oder auch nur physisch entstellt sind.

Dennoch sehen wir gerade in letzter Zeit mehr Romanzen mit behinderten Menschen. Was allerdings noch schöner zu sehen wäre, wären mehr Romanzen mit behinderten Menschen, die eben tatsächlich physisch entstellt wird.

Ein paar Romanzen mit behinderten Menschen kennt Good Reads allerdings.

Neurodiverse Romantik

Eine Untergruppe von Behinderten, die tatsächlich noch einmal ganz eigene Probleme mit der Repräsentation haben, sind neurodiverse Menschen – spezifisch vor allem Autist*innen und Menschen mit ADHS. Eigentlich sollte man meinen, dass dies häufiger zu finden ist, als Darstellungen von physisch behinderten Menschen, doch genau das Gegenteil ist der Fall. Tatsächlich gibt es allgemein sehr wenig (gute) Repräsentation von neurodiversen Menschen.

Bei autistischen Menschen ist ein großer Faktor, dass ein weit verbreitetes Vorurteil ist, dass diese gar nicht fähig seien, Beziehungen zu führen oder auch nur romantische Gefühle zu haben. Was schlicht und ergreifend falsch ist – sie drücken sie nur anders aus. Das sorgt natürlich derweil dazu, wenn autistische Menschen über ihre eigenen Erfahrungen schreiben, diese für neuronormale Mensche nicht nachvollziehbar sind und daher weniger Chancen haben veröffentlicht zu werden. Zu einem geringeren Maß trifft dies leider auch für Menschen mit ADHS zu. Dazu kommt, dass die durch andere Medien verbreiteten Bilder von Menschen mit ADHS und Autismus natürlich auch von vielen als „unsexy“ wahrgenommen werden.

Leider konnte ich auf Good Reads nur eine Liste von Büchern mit weiblichen Heldinnen, die neurodivers sind, finden. Ich möchte an dieser Stelle übrigens auch noch anmerken, dass ich dieses Jahr auch schon eine romantische YA-Kurzgeschichte mit autistischer Protagonistin hochgeladen habe.

Romantik ohne Beziehung

Kommen wir zuletzt noch zu einem Thema, das prinzipiell vom Romantik-Genre selbst ausgeschlossen ist. Denn das Genre Romantik erfordert tatsächlich, dass das Paar am Ende zusammenkommt – Happily Ever After oder zumindest ein Happy For Now. Doch gehen wir auf eine Möglichkeit eine Geschichte mit Romantik zu erzählen ein, die genau das nicht hat.

Was ist, wenn es eine Geschichte ist, in der die Figuren am Ende sich entschließen, keine romantische Beziehung einzugehen, selbst wenn sie romantische Gefühle füreinander haben? Was ist, wenn es eine Geschichte wäre, die einfach nur von einem sehr romantischen Tag sprechen, nach dem man sich – absichtlich – nicht wiedersieht?

Manche Leute wollen eben auch nur ein einmaliges Date haben – so etwas wie einen One Night Stand, ohne wiedersehen am nächsten Tag. Vielleicht wäre auch das einmal eine Geschichte wert!

Fazit

Prinzipiell lässt sich sagen: Romance ist ein sehr großes und dadurch auch sehr weit gefächertes Genre. Viel Repräsentation, die in anderen Genre sehr lange braucht, findet sich schon sehr früh in der Romantik. Allerdings muss auch festgestellt werden, dass leider sehr häufig diese Romantik auch von Nicht-Betroffenen geschrieben wird und daher mit einigen Problemen, wie beispielsweise Fetischisierung einhergeht.

Es gibt zudem durchaus Bereiche der Diversität, die deutlich mehr abgedeckt werden, als andere. Das hat auch mit eigenen Dynamiken der Romance-Verlagsstrukturen zu tun, die wie auch in der Phantastik sehr kompliziert ausfallen können. Hier gibt es noch einige offene Baustellen.


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Das Beitragsbild stammt von Unsplash.