Dekolonialisierung der Phantastik: Die Geschichte des Kolonialismus [Teil 2]
Im heutigen Beitrag zum Thema „Dekolonialisierung der Phantastik“ möchte ich weiter über den Kolonialismus per se sprechen, den historischen Ablauf und warum Kolonialismus bis heute anhält. Dabei geht es heute weniger um die Phantastik, sondern erst einmal um den Kolonialismus an sich. Denn leider wird darüber in deutschen Schulen wenig unterrichtet.
Da das Thema sehr umfassend ist, habe ich es in drei Einträge aufgeteilt – da ein grundlegendes Verständnis wichtig für den Rest der Reihe ist. Dies ist der zweite Teil, den ersten, in dem ich vornehmlich über die Kolonialisierung Amerikas und Afrikas eingehe, findet ihr hier.
Wer mehr über die Reihe erfahren will, findet die etwaigen Informationen im allgemeinen Informationsbeitrag.
Disclaimer: Wie auch im einleitenden Beitrag gesagt, bin ich eine weiße, europäische Person, die diese Einträge schreibt. Meine Perspektive ist bezüglich dieser Dinge daher die, eines außenstehenden. Ich habe aber versucht – soweit möglich – auch Quellen mit nicht-europäischen Stimmen einzubeziehen. Es sei zudem allerdings gesagt, dass ich aufgrund der Komplexität des Themas viele Dinge nur grob umreißen kann (und zudem kein Historiker bin). Da das Thema wichtig ist, würde ich euch raten, euch auch abseits dieses Beitrages einzulesen.
CN: Sklaverei, Genozid, Krieg
Die Kolonialisierung Süd- und Südostasiens
Wie auch bei Afrika, wusste man von Asien immer schon, dass es da war. Kein Wunder: Immerhin machte Russland auf dem Kontinent eine große Fläche aus und spielte in der europäischen Geschichte eine große Rolle. Prinzipiell hatte es schon seit der Antike sowohl Handel, aus auch Konflikte mit dem asiatischen Raum gegeben. Auch mit den Mächten von der arabischen Halbinsel hatte man immer wieder zu tun gehabt – und da war die Sache mit den Kreuzzügen gewesen, die ebenfalls durch Asien gingen. Und natürlich die Mongolen, die mehrfach bis in den europäischen Raum vorgedrungen waren. Außerdem war ja nicht zuletzt Indien der Grund gewesen, warum Kolumbus losgesegelt war.
Dennoch war für eine relativ lange Zeit Südostasien noch nicht so zentral im Rahmen des Kolonialismus. Natürlich gab es einzelne Enklaven – ähnlich, wie in Afrika – entlang der Küsten, vor allem an den Küsten Indiens und Südostasiens. Diese Enklaven gehörten Spanien und Portugal, die vorerst die Hauptspieler Europas in dieser Gegend waren. Es war allerdings um 1600 herum, dass Südostasien für die anderen europäischen Mächte immer interessanter wurde. Wie gesagt: Es gab hier Gewürze. So kolonialisierten die Engländer einen kleinen Teil des heutigen Indonesiens bereits Anfang des 17. Jahrhunderts und auch die Niederländer brachten einige der indonesischen Inseln unter ihre Kontrolle und breiteten von hier aus ihren Einfluss aus. (Damals waren die Inseln auch als die „Dutch East Indies“ bekannt.)
Zwischen 1800 und 1900, zur Zeit, als der Kolonialismus dann in Hochtouren lief und innerhalb Europas ein wichtiger politischer Faktor war, gab es um diese Inseln vor allem zwischen den Niederlanden und der britischen Krone einen Konflikt, der natürlich vornehmlich auf dem Rücken der eigentlichen Bevölkerung ausgetragen wurde. Ab 1900 wurde noch mehr in diesem Raum kolonialisiert. In diesem Rahmen wurden die Philippinen von den USA und Vietnam, sowie Teile dessen, was heute Kambodia und Laos sind, von Frankreich kolonialisiert.
Gerade dieser Teil des Kolonialismus findet weder in der populären Medienlandschaft, noch im Rahmen der Fachliteratur dieselbe Aufmerksamkeit, die beispielsweise Nordamerika oder auch das kommende Land – Indien – bekommt. Das ändert jedoch nichts daran, dass die Geschichte hier eine ähnliche war, wie auch anderswo: Lokale Kultur wurde versucht anzugleichen, es gab eine soziale Hierarchie bei der „Weiße“ oben standen, die indigene Bevölkerung musste für die Kolonialmacht arbeiten und Produkte herstellen.
England und Indien
Eine der bekanntesten Geschichten des Kolonialismus im asiatischen sollte allerdings die Übernahme Indiens durch das britische Imperium sein, da dies durch Indiens wachsenden Einfluss doch häufiger in den Medien besprochen wird. So könnte wenigstens einigen bekannt sein, dass ein Teil der Kronjuwelen von England im Rahmen der Kolonialisierung aus Indien gestohlen wurden. Doch das ist nicht alles. Wie auch in Südostasien fing der Kolonialismus hier mit Portugal und seinen Enklaven an, doch wirklich Einfluss hat erst Großbritannien erlangt – nicht als Großbritannien (jedenfalls erst nicht), sondern über die East India Trading Company (EIC), die 1757 einiges Land ironischerweise im Norden Indiens an sich riss.
Allerdings gab es zu diesem Zeitpunkt technisch gesehen Indien noch gar nicht, sondern verschiedene Reiche und Sultanate, die auf dem Gebiet des heutigen Indiens, Pakistans und Bangladesch existierten. Dies wurde unter anderem von der EIC ausgenutzt, um diese einzelnen Reiche teils mit Gewalt, teils indem die bestehenden Herrscher*innen mit Gold, Macht und anderen Mitteln bestochen wurden, zu „erobern“. Das ganze natürlich mit einem Ziel: Bestimmte Produkte im dortigen Klima anzubauen oder eher von der örtlichen Bevölkerung anbauen zu lassen. Dies wurde hier zu großen Teilen über Steuern erzwungen. Gegen Ende dieser Zeit war es auch, dass der zentrale Stein der Kronjuwelen von einem Prinzen der britischen Krone „geschenkt“ wurde – wobei viele Menschen in Indien dieses „Geschenk“ nicht als solches ansehen, geschah es durch einen 10Jährigen und mit vorgehaltenen Waffen.
In 1858 übernahm die britische Krone direkt die Herrschaft über Indien (diese Periode wird auch als „Britische Raj“ bezeichnet – wobei „Raj“ das Sanskrit- und Hindu-Wort für Herrschaft ist). Dies setzte zu großen Teilen fort, was unter der EIC begonnen wurde, auch wenn natürlich der Einfluss der industriellen Revolution nun stärker zu spüren war. Das Schienennetz wurde in dieser Zeit stärker ausgebaut, um Waren durch das Land zu schaffen, wobei natürlich vornehmlich die lokale Bevölkerung unter teilweise miesen Bedingungen die Schienen verlegen durfte.
Es sei in diesem Rahmen zuletzt gesagt, dass Indien zu großen Teilen nicht von Briten regiert wurde, sondern von ehemaligen Prinzen oder Leuten, die von sich behaupteten, Prinzen der diversen Landstriche zu sein. Indien war bereits damals zu groß, um wirklich mit Macht beherrscht zu werden, weshalb bereits die EIC durch lokale Herrscher die Macht behielt. Wer ihnen nicht wohl gesonnen war (und es gab einige Konflikte und Kriege, im Versuch die Kolonialherrscher zu vertreiben), wurde auf lange Sicht durch jemand anderen ersetzt.
England und China
Asien ist im Vergleich zum Kolonialismus in den Amerikas und Afrika ein wenig chaotischer, da hier mehr verschiedene politische Einflüsse hineinspielten und zu verschiedenen der kolonialisierten Gebiete hier vorher normale Handelsverhältnisse (selbst wenn man über deren Gerechtigkeit diskutieren kann) existierten. So war es auch mit China, das bereits in der Antike mit den europäischen Reichen gehandelt hatte. Etwas, das im Rahmen des britischen Kolonialismus wichtig werden würde, wurde um 1600 durch die Niederlande eingeführt worden: Opium.
Das Problem, das dem England-China-Konflikt zu Grunde liegt, hängt eng mit Indien zusammen und der Kolonialisierung von Indien durch die EIC. Denn die EIC hatte Geld von der britischen Krone bekommen, um diese Kolonialisierung durchzuführen. Es bestand die Hoffnung, man könne auf Indien (das nun einmal groß ist) Baumwolle anbauen. Baumwolle, die in der Industrie immer wichtiger geworden war. Leider war Indien bei weitem nicht so gut dafür geeignet wie gehofft und da gleichzeitig England noch ein paar Kriege zu kämpfen hatte, ging das Geld aus. Gleichzeitig aber war der Handel mit China für England sehr wichtig – weil es hohen Bedarf an Porzellan, Seide und vor allem natürlich Tee gab. Deswegen hatte England weit mehr aus China importiert, als es dorthin exportiert hatte und das gefiel der Krone nicht. Nur auf den Tee wollte man nicht verzichten. Dazu kam, dass das Handelsprinzip mit China sehr eingeschränkt war. Es gab nur einen Hafen (Canton), an dem gehandelt werden durfte. Also versuchte man zu verhandeln … etwas das aufgrund der britischen Überheblichkeit und dem Unwillen, sich auf die andere Kultur der Chinesen einzulassen, furchtbar schief ging.
Also stand England da: Sie hatten nichts, was China von ihnen im Handel wollte. Das Silber, das sie bisher genutzt hatten, ging ihnen langsam aus, weil sie ihre Kolonien in Südamerika verloren hatten. Was also tun? Nun, China hatte gezeigt, dass es einen Markt für Opium gab. Opium, das eigentlich verboten war. Opium, deren Grundressource (Mohn) in Indien wunderbar wuchs. Also baute man in Indien Mohn an, gewann daraus Opium und verkaufte dies (auf dem Landweg zwischen Indien und China) nach China. Im Handel unter anderem gegen Tee.
Doch wie gesagt: Opium war verboten und natürlich fiel es relativ schnell auf, dass mehr und mehr Opium illegal ins Land flutete. Und man brauchte nicht lang, um die Ursache zu finden. Das spannte die Verhältnisse zwischen China und England noch weiter an. England durfte offiziell nicht länger mit China handeln – und als sie es dennoch taten fing damit der erste Opiumkrieg an.
Erneut ist es ein Thema, über das man mehrere Seiten schreiben kann, doch um es abzukürzen: Am Ende gewann England den Opium-Krieg und bekam dabei unter anderem eine Sache, die sie gewollt hatten: Land. Um genau zu sein eine Insel, von der aus sie besser handeln konnten. Hongkong. Und während dies kein riesiges Kolonialgebiet ist, so war die Ideologie hinter den Opium-Kriegen doch dieselbe, die auch den Rest des britischen Kolonialismus antrieb.
Die Kolonialisierung Australiens
An dieser Stelle muss ich eine leider recht zweifelhafte historische Persönlichkeit einbringen, die für die nächsten zwei Abschnitte sehr wichtig sein wird: Captain James Cook, ein britischer „Entdecker“, der richtig gut darin war, Orte zu „entdecken“, wo bereits Menschen lebten. Er arbeitete für die British Royal Navy und war vornehmlich Kartograph. Vor allem ist er viel durch den Pazifik gesegelt und hat sich den zweifelhaften Ruf erarbeitet, dort alles „entdeckt“ zu haben, wo diverse Kulturen seit mindestens mehreren hundert, bis mehreren tausend Jahren lebten.
Letzteres trifft auf verschiedene aboriginale Kulturen in Australien zu, dass er 1770 „entdeckte“. Und wie man es so als britischer „Entdecker“ machte, erklärte er sofort die Herrschaft Großbritanniens, auch wenn er sah, dass bereits Menschen dort lebten. Um genau zu sein, geht man davon aus, dass zu seiner Ankunft etwa 750 000 Menschen in Australien lebten – auch wenn erneut es schwer ist genaue Zahlen zu bestimmen. Aus denselben Gründen wie in den Amerikas. Cook zeichnete alles in Seekarten auf, damit das neue Territorium später auch gefunden werden konnte.
Und genau das passierte 1788, als ein anderer britischer Captain namens Arthur Philipp, mit einer Crew und 1500 verurteilten Verbrecher*innen in Australien ankam und mit der Kolonialisierung anfing. Dabei sagt dieser Satz bereits, wofür Australien vorerst vornehmlich genutzt wurde: Als Arbeitsgefängnis. Denn während Australien nicht besonders lebensfreundlich für Menschen ist, war es ein Land, das man reich an Bodenschätzen schätzte – vor allem Gold und Kohle, die zu dem Zeitpunkt immer wichtiger wurde. Also schiffte man verurteilte Verbrecher*innen dorthin, um sie diese Schätze abbauen zu lassen.
Was folgte, sollte vorhersehbar sein: Da niemand verhungern wollte und Australien nun wirklich nicht lebensfreundlich ist, wurden die Völker, die teilweise seit 60 000 (!) Jahren dort lebten, von ihrem Land vertrieben, damit die Siedler*innen dort ihre Lager errichten konnten. Krankheiten verbreiteten sich. Etwa 90% der Aborigines starben entweder direkt oder indirekt durch die Kolonialisierung.
Die Kolonialisierung des Pazifiks
Aber damit war Captain Cook noch nicht fertig. Er ist auf insgesamt vier Fahrten weiter durch den Pazifik gesiedelt. Neuseeland „entdeckte“ er zur selben Zeit, wie Australien auf seiner ersten Reise. Auf den kommenden Reisen „entdeckte“ er diverse der Inseln, die bereits von verschiedenen polynesischen Kulturen besiedelt waren, die sich bereits seit knapp 3500 Jahren über den Pazifik verbreitet hatten und diverse Inseln seit hunderten bis tausenden von Jahren bewohnten. Am Ende wurde Cook auf Hawaii umgebracht.
Aber dadurch, dass nun einige Löcher in der Karte geschlossen waren und nun einmal Kolonialmacht politisch innerhalb von Europa wichtig geworden war, gab es nun einen Wettbewerb, wer hier das größte Kolonialgebiet erlangen konnte. Neben Großbritannien waren an dieser Kolonialisierung auch Deutschland (die Teile von Samoa kolonialisierten), Spanien, Frankreich, die Niederlande, die USA und eine nicht-europäische Macht beteiligt: Japan. Bis heute sind Teile dieser Inseln unter der Herrschaft der Kolonialmächte (American Samoa und Französisch Polynesien (die ein Überseeterritorium sind) seien als Beispiele genannt – wobei auch Japan teilweise noch einige in diesem Zeitraum eroberte Inseln zum Land zählt).
Gründe für diese Kolonialisierung waren anders, als bei den anderen Kolonialausbreitungen, da es größtenteils auf den polynesischen Inseln wenig Bodenschätze gab oder anderes, was in den Augen der europäischen Mächte „Wert“ hatte. Daher war ein Teil des Kolonialismus politisch motiviert, ein Teil ideologisch und religiös und ein letzter Teil auch ein Versuch eine neue Quelle für Sklav*innen (spezifisch für die Kolonie in Südafrika) zu bekommen.
Allerdings gab es noch einen anderen Grund, warum Menschen versuchten aus Europa auf die polynesischen Inseln und speziell nach Neuseeland (Aotearoa) zu kommen: Aus Sicht von sowohl Europa, als auch Japans waren diese Kulturen sexuell positiver – weshalb manche glaubten dort sexuell befreit leben zu können. Dies bedeutete zum einen, dass queere Menschen hierher kamen, um einfach sie selbst sein zu können, aber nun einmal auch Sextourismus.
Man sollte in diesem Kontext allerdings deutlich sagen, dass die Maori in Aotearoa alles andere als begeistert davon waren, gerade als mehr und mehr Europäer*innen (nicht nur aus jenen kulturellen Gründen) sich auf ihrem Land ansiedelten. Allerdings waren sie in ihrer Gegenwehr sehr organisiert und lernten mit Musketen umzugehen. Als es so schließlich zum Kampf gegen vornehmlich britische Kolonialist*innen kam, brauchte es eine massive Übermacht in Soldaten, um schließlich die Maori Kämpfer*innen zu besiegen. Das Endergebnis war jedoch dasselbe wie überall sonst: Viele starben an Krankheiten, Menschen wurden von ihrem Land vertrieben und speziell in Neuseeland gab es (ähnlich wie in den Amerikas) Bestrebungen die Maori von Alkohol und Drogen abhängig zu machen, um so weitere Gegenwehr zu unterbinden.
Die arabische Halbinsel & der arabische Raum
Wie ihr sicher merkt, versuche ich hier nur eine knappe Übersicht zu geben, wie auch im letzten Beitrag, da es leider eine lange, traurige Geschichte ist – und man gleich mehrere Bücher darüber schreiben könnte. Daher möchte ich mit einem letzten Kolonialgebiet zum Schluss des Kolonialzeitalters kommen. Und dieses Gebiet ist die arabische Halbinsel und all das, was wir heute als „Arabischer Raum“ verstehen, also jenes Gebiet, das heute Saudi Arabien, Yemen, Oman, Iran, Irak, Syrien, Israel, die vereinigten arabischen Emirate usw. beherbergt.
Die Geschichte des Kolonialismus oder hier vielleicht angebrachter „Imperialismus“ in diesem Raum ist ein wenig komplizierter. Denn dies war keine sonderlich lange oder sonderlich alte Geschichte – jedenfalls in Bezug auf den europäischen Imperialismus (speziell englischen und französische Imperialismus). Auch geschah die „Übernahme“ der Region auf andere Art – komplett politisch. Weshalb ich es allerdings auch wichtig finde, darüber zu sprechen, da hier vor allem die Ideologie zum Vorschein kommt.
Hier beginnt die Geschichte im ersten Weltkrieg. Das, was heute der arabische Raum ist, war damals unter Herrschaft des ottomanischen Reiches. Dagegen haben lokale arabische Gruppen rebelliert. Als sich das ottomanische Reich im ersten Weltkrieg dann mit Deutschland verbündete, wurde diese Rebellion von England und Frankreich unterstützt. Das Versprechen an die arabische Rebellion war, dass diese Leute ihr Gebiet bekommen sollten, wenn sie halfen, das ottomanische Reich zu besiegen. Und dann war der Weltkrieg vorbei und es kam zum Pakt zwischen Sykes und Picot, die das versprochene Gebiet zwischen England und Frankreich aufteilten. Es wurde dann im Rahmen des Versailles-Vertrag beschlossen, dass man diese Gebiete England und Frankreich gibt. Nicht als „Territorien“, sondern als „Mandate“, die von den beiden Imperien verwaltet werden sollten, bis sie „stabil“ sind und die Leute dort „fähig“ sich selbst zu regieren. (Anders gesagt: Es wurde über die Köpfe der lokalen Bevölkerung hinweg beschlossen, dass diese sich nicht selbst regieren können und deswegen England und Frankreich es für sie machen müssen, bis sie bereit sind.) Letzten Endes war das jedoch auch nur ein schöner Ausdruck für Territorium – und am Ende ging es natürlich um Bodenschätze.
Die „White Man’s Burden“ Ideologie
Und damit möchte ich über eine Ideologie sprechen, die viele der politischen Entscheidungen, die ich in diesem Beitrag besprochen habe, begründet hat. Dies war rein eine Ideologie, die mehr oder minder politisch als Entschuldigung genutzt wurde, während natürlich eigentliche Grundlage der etwaigen Entscheidungen – wie gesagt – oft in Bodenschätzen oder anderen Produkten zu finden war, die man sich von den etwaigen Gebieten erhoffte.
Aber diese Ideologie ist „The White Man’s Burden“. „Die Bürde des weißen Mannes“. Dieser Ausdruck geht auf ein Gedicht eines Mannes namens Rudyard Kipling. Dieses Gedicht wiederum geht auf die Rassenlehre und die damit einhergehende pseudowissenschaftliche Ideologie zurück, in der „weiße Menschen“ allen anderen überlegen seien – etwas, das zwar widerlegt ist, uns aber ideologisch bis heute leider Erhalten geblieben ist, da es die Grundlage von Rassismus und diverser rassistischer Vorurteile ist. In dem Gedicht und der danach benannten Ideologie geht es darum, dass weiße Menschen, speziell weiße Männer, so erhaben gegenüber allen anderen seien, speziell kulturell so viel weiter, dass es ihre moralische Pflicht sei, den Rest der Welt zu kolonialisieren und ihre vermeintlich fortschrittliche Kultur so zu verbreiten. Anders gesagt versteckt sich dahinter die Ideologie, dass eine Verbreitung der westlichen/europäischen Kultur mitsamt der einhergehenden Unterdrückung anderer Kulturen eine moralisch gute und notwendige Handlung sei. Dies wurde vor allem von Großbritannien und den USA als Begründung für ihre kolonialen Feldzüge vorgebracht. Auch wurde in politischen Debatten, wenn es um die weitere Verbreitung der etwaigen Imperien ging, diese Ideologie als Begründung auf der „pro-kolonialen/pro-imperialistischen“ Seite gebracht.
Und auch diese Ideologie ist etwas, das, wenn man sich genau internationale Politik anschaut, bis heute weiterhin eine Rolle spielt. Natürlich nicht mehr offen unter der rassistischen („weil wir weiß sind, sind wir besser“) Begründung, aber sehr wohl unter der kulturellen („unsere Kultur ist zivilisierter und besser, deswegen sollten sich alle an uns orientieren“). Und genau um diese Themen soll es im letzten Eintrag der Reihe „Geschichte des Kolonialismus“ gehen: Ideologien, Philosophien und Folgen des Kolonialismus.
Quellen & weiterführende Links
- https://www.indonesia-investments.com/culture/politics/colonial-history/item178
- https://australianstogether.org.au/discover/australian-history/colonisation/
- https://www.sueddeutsche.de/politik/australien-braende-klimakrise-kolonialismus-juergen-zimmerer-1.4751447
- https://e-tangata.co.nz/comment-and-analysis/james-cook-and-our-monuments-to-colonisation/
- https://www.tetaurawhiri.govt.nz/assets/Uploads/Research-Library/23d7f4bbe0/Anaru-2011-A-Critical-Analysis-of-the-Impact-of-Colonisation-on-the-Mori-Language-through-an-Examination-of-Political.pdf
- https://www.theguardian.com/world/2017/mar/08/india-britain-empire-railways-myths-gifts
- http://theconversation.com/colonialism-in-india-was-traumatic-including-for-some-of-the-british-officials-who-ruled-the-raj-77068
- https://www.vox.com/2019/3/22/18277409/british-failed-india-pakistan
- https://www.nationalgeographic.com/culture/2019/03/kashmir-conflict-how-did-it-start/
- https://www.britannica.com/topic/Opium-Wars
- https://www.britannica.com/event/Sykes-Picot-Agreement
- https://www.newyorker.com/news/news-desk/how-the-curse-of-sykes-picot-still-haunts-the-middle-east
- https://www.scoop.co.nz/stories/HL1903/S00134/the-white-mans-burden-white-supremacy-and-christianity.htm
- Ich möchte hier außerdem die Videos von Extra History empfehlen, speziell zu den Opium Kriegen.