Urban Fantasy Review: The Root

Heute gibt es direkt ein neues Urban Fantasy Diversity Review – dieses Mal mit einem Buch, das auch im LGBTQ* Sektor sehr gut abschneidet und noch dazu „Own Voice“ ist. Denn ja, heute möchte ich euch „The Root“ von Na’amen Gobert Tilahun vorstellen. Ein Buch, dass meine besten liebsten Fantasy-Subgenre vereint: Portal Fantasy und Urban Fantasy.

Worum geht’s?

Dank seinem Vater ist Eriks Leben außer Kontrolle geraten. Mit 16 war er ein Schauspieler in einer Disney-Teen-Show. Dann verklagte sein Vater seinen damaligen Freund als Vergewaltiger – für einvernehmlichen Sex. Doch vor dem amerikanischen Recht macht es wenig Unterschied … Seither gerät Eriks Leben mehr und mehr aus den Fugen, bis er zwei Mitschüler verprügelt und sich dabei seiner seltsamen Kräfte bewusst wird. Als Matthias, ein Freund von Eriks Mutter, ihn trainieren soll, werden die beiden gezwungen mit der „Organisation“ zu kooperieren, die den Angriff der Engel auf die Welt der Menschen aufhalten will.

Seit sie ein Kind war, lebte Lil im Aethenum Kendrake, wo ihr Mentor Meyer sie in Magie ausbildete. Von ihren Eltern ist sie lange schon entfremdet. Als eines Tages eine seltsame, alles verschlingende Dunkelheit über ihre Welt hineinbricht, werden sie, ihr Mentor und die anderen Aethenum Wächter an den Hof der Antes gerufen. Jener monströsen Wesen, die ihre Welt regieren. Lil soll herausfinden, was es mit der mysteriösen Dunkelheit auf sich hat. Doch als wäre das nicht genug, kann am Hof der Antes jedes falsche Wort den Tod eines ’ndants bedeuten …

Inhalt

Eine Sache kann ich euch direkt über „The Root“ sagen: Das Buch ist so anders von allem, was ich je gelesen habe, dass ich es allein schon dafür empfehlen kann. Es gibt so viele einzigartige Ideen, so viele interessante Twists und auch so viele sympathische Charaktere, dass es dahingehend wirklich Spaß gemacht hat, das Buch zu lesen. Es ist wirklich, wirklich etwas anderes. (Ich kann es nicht genug unterstreichen, wie „anders“ das Buch war.)

Das ändert allerdings nichts daran, dass es an ein paar Stellen schon nervig war, dass sehr zwischen den Perspektiven herumgesprungen wurde. The Illustrated Page, die Seite, über die ich das Buch überhaupt erst gefunden habe, sagte es schon recht gut: Beinahe jeder Charakter mit Namen und Dialog hat mindestens ein Kapitel, das aus seiner Sicht geschrieben ist. Und während es in Lils Storyline – aus Gründen, zu denen ich etwas später komme – durchaus interessant war, war es in Eriks Storyline … Sagen wir es mal so: Ich fand recht wenig Mehrwert in den Kapiteln aus der Sicht seiner Eltern zum Beispiel. Generell gab es einige ganze Kapitel, bei denen ich nicht ganz sicher war, warum sie da waren. Das ist auch der Grund (neben meiner Masterarbeit) warum ich recht lang für das Buch gebraucht habe. Ich habe es über diese Kapitel aus der Hand gelegt.

Na ja, und dann ist da noch die Sache mit Erik. Bisher ist die San Francisco Seite – also unsere Welt – der Teil mit der Action. Und Erik zeigt sich zumindest soweit im ersten Band extrem mächtig in den Kämpfen und das soweit ohne wirkliche Nachteile davon zu tragen. Lil ist zwar auch sehr mächtig, doch ist dies bei ihr interessant, da sie ihre Macht aus politischen Gründen nicht so leicht zeigen kann. Derweil wirkte Erik, selbst ohne Training, in diversen Kämpfen zu übermächtig, was Spannung herausnahm.

Allgemein haben mir allerdings auch jene Szenen, in denen es um Charakterentwicklung, Beziehungen und Weltenbau ging deutlich besser gefallen. Das war weit eher, das in meinen Augen den Stärken des Autors entspricht.

Diversität

Oh boy, kommen wir zu dem Thema, das dieses Buch für mich zu einem Genuss gemacht hat: Diversität. Moment. Nicht deutlich genug. DIVERSITÄT! Erik ist ein Own Voice Charakter. Er ist ein BPoC. Ein queerer, junger Mann. Und wenn wir die San Francisco Seite der Handlung ansehen, geht es so weiter. Massiv viele queere Charaktere – und kaum jemand von ihnen ist weiß. Und es war so angenehm, speziell in Urban Fantasy, es einmal so rum zu sehen. Wir haben Matthias, der queer ist. Wir haben ein lesbisches Paar. Wir haben einen jungen, koreanischstämmigen Transmann. Es war einfach unglaublich, was hier so alles vorkam.

Auch auf der Zebub Seite der Geschichte haben wir Diversität. Für die (BWoC) Protagonistin Lil entwickelt sich der Anfang einer pansexuellen Poly-Beziehung. Daher, dass die Antes sich nicht zwangsläufig denselben Gendern zuordnen, wie ’ndants, also Menschen, haben wir non-binary und fluide Repräsentationen, die – trotz der generell eher antagonistischen Natur der Antes nicht durchweg negativ sind. Interessanterweise werden hier übrigens Hautfarben u.ä. weit weniger erwähnt. Weil es eben eine komplett andere Dynamik durch die Antes gibt. Aussehen von Menschen scheint hier weniger zu interessieren, weil ein Mensch, beziehungsweise ’ndant, noch immer wie ein Mensch aussieht, und nicht wie ein Ante, die sich voneinander weit mehr unterschieden, als ’ndants.

Aber ja, generell bin ich von der Diversity in diesem Buch begeistert. Vor allem eben, weil es für die zentrale Figur Own Voice ist. Das allein wäre für mich schon Grund, das Buch zu empfehlen!

Weltenbau

Und dann haben wir das andere große Thema. Weltenbau. Denn während ich hier sagen muss, dass es bis auf die Monster an sich wenig im Urban Fantasy Setting gibt, das man noch nicht gesehen hat: Holy Moly. Die Welt von Zebub ist … Etwas anderes. Sie ist eine der Sachen, die dieses Buch in meinen Augen so einmalig machen. Denn eine Welt wie die von Zebub habe ich so nie wirklich gesehen, beziehungsweise gelesen.

Sicher, magische Wesen die Menschen unterdrücken kenne ich. Monströse Wesen auch. Aber der ganze Aufbau der Welt war wirklich etwas eigenes. Vor allem eben auch, wie sich das ganze auf soziale Strukturen auswirkt, wie die Charaktere die Welt sehen, aber auch wie bestimmte andere Dinge sich verändern. Ich will dahingehend gar nicht zu viel verraten. Alles was ihr wissen müsst: Zebub ist mit Abstand die interessanteste Fantasy-Welt, die mir in einer langen Weile untergekommen ist.

Die physische Welt hat derweil vor allem Nachkommen von „Göttern“, selbst wenn die Begründung was es mit Göttern auf sich hat, eine interessante ist. Dennoch hat es mich an diverse Geschichten, in denen Halbgötter gegen Monster kämpfen erinnert. Ich habe allerdings die Hoffnung, dass das in Band 2, wenn man mehr über das Zusammenspiel der Welten erfährt, besser wird.

Zusammenfassend

Nein, „The Root“ ist kein perfektes Buch, aber es ist ein besonderes Buch, dass ist aus den genannten Gründen wirkliche empfehle. Es ist divers, es hat sympathische Charaktere und in Zebub eine verflucht interessante, gänzlich neue Welt. Ich hatte damit unglaublichen Spaß und bin der Meinung, dass man das Buch – allein für Diversität und queeren BPoC Autor unterstützen sollte, wenn man sich irgendwie für die Genre begeistern kann.

„The Root“ ist der erste Band einer Reihe. Band 2, „The Tree“, ist vor kurzen ebenfalls erschienen!

An dieser Stelle allerdings auch noch eine Kleinigkeit, die auch der Grund ist, warum ich das Review vorgezogen habe. Der Autor, Na’amen Gobert Tilahun, hat aktuell Probleme, da er seinen Job verloren hat, nachdem jemand herausfand, dass er queer ist. Da er auf Medikamente angewiesen ist und das Versicherungssystem in den USA bekanntermaßen scheiße ist, hat er aktuell ein Problem. Daher dachte ich, ich mache hier darauf aufmerksam. Er sammelt aktuell auf Paypal (Link findet ihr in seinem eigenen Tweet dazu).